Webwecker Bielefeld: Winter

Schwere Aufgaben



Im Winter ein Jahr

Von Harald Manninga

Ungefähr sieben Jahre hat es gedauert, bis Caroline Link nach ihrem Oscar-Erfolg Nirgendwo in Afrika wieder mit einem Film an die Öffentlichkeit getreten ist, jetzt ist er da und wurde bei den 42. Internationalen Hofer Filmtagen uraufgeführt.

Sie wird nicht gern auf ihren Oscar (bester nicht-englischsprachiger Film 2003) angesprochen. Das kann man einigermaßen verstehen, denn nicht nur hatte sie ja schon 1998 mit Jenseits der Stille eine Nominierung eingeheimst (und nebenbei den Bayerischen Filmpreis, den Bundesfilmpreis, den Deutschen Filmpreis und anderes dafür bekommen), sie ist zudem die bisher einzige Frau (ja tatsächlich), die für Regiearbeit überhaupt einen Oscar bekam. Das ist alles schon Bürde genug, schließlich sind ja mit so einem Preis Erwartungsmarken gesetzt, die erstmal wieder genommen sein wollen. -- Oder eben nicht genommen werden wollen, denn Caroline Link will einfach nur weiter Filme machen, ohne dauernd auf ihren Oscar – nunja: reduziert zu werden. Wohl auch deshalb hat sie um ihren »Academy Award« auch nicht so einen Bohei gemacht und machen lassen, wie andere Leute das manchmal mit ihren Oscars tun.

Nun gibts also den neuen »Link«. Darin spielt eine hervorragende Darstellerriege aus vor allem Karoline Herfurth (u.a. Mädchen, Mädchen oder auch Das Wunder von Berlin), Corinna Harfouch und Joseph Bierbichler nach einem Drehbuch (ebenfalls Link, nach einem Roman von Scott Campbell) in einer schwierigen Familiengeschichte: Eliane (Harfouch) beauftragt den Maler Max (Bierbichler), ein Bild von ihren beiden Kindern zu malen. Das Problem dabei: Der Sohn Alexander (sehr schön als Schattenmann über Flashbacks und Fotoalben eingebaut: Cyril Sjöström) ist vor knapp einem Jahr ums Leben gekommen. Damit kommt Eliane nicht zurecht.

Ein weiteres Problem ist die Tochter Lilli (Herfurth), die sich mit dem morbiden Gedanken, neben ihrem toten Bruder in einem Gemälde an der Wand im Wohnzimmer der Eltern zu hängen, nicht recht anfreunden kann. Die scheinbar größten Probleme, jedenfalls was den praktischen Anteil angeht, hat allerdings der Maler – wie soll er einen Toten künstlerisch ins (wenn auch nur scheinbare) Leben zurückholen? Er muss sich erst einmal selbst ein »Bild« von diesem jungen Mann machen; und der Lauf seiner Recherche darüber, was den Alex und seinen Ort in der Familie ausgemacht haben mag, bestimmt zusammen mit der Entwicklung des Gemäldes dann den weiteren Film.

Überaus gelungen sind dabei die Dialoge zwischen Lilli und Max – Karoline Herfurth und Joseph Bierbichler zusammenzutun, um diese wirklich nicht einfachen Dinge miteinander auszufechten, ist nahezu ein Geniestreich (Casting: An Dorthe Baker). Dass der knorrige Bierbichler die Rolle des Max hervorragend ausfüllen würde, war nicht unbedingt überraschend; das zierliche Mädchen Herfurth aber bleibt ihm ihrerseits nichts schuldig und gibt alles (jedenfalls zumindest alles, was es braucht, womöglich kann die ja noch mehr, aber das möchte man sich fast nicht ausmalen) um der bayrischen Wucht Bierbichlers Paroli zu bieten.

Die Szenen, in denen die beiden zusammen sind, sind allerdings dann auch schon ungefähr das beste, was dieser Film zu bieten hat. Allein das macht ihn zwar nichtsdestoweniger höchst sehenswert, aber es gibt hier ja auch noch anderes an Konflikten: den zwischen Eliane und ihrem Mann (Hanns Zischler) zum Beispiel, den zwischen Max und seiner Exfrau sowie Max und seinem Sohn... Insgesamt wirkt der Film mit seinen über zwei Stunden Spieldauer durch solche Dinge und Nebenschauplätze unnötig langsam und schwerfällig, einige davon bleiben durch diese Überladung zudem sogar schlicht unverständlich.

Das ist mehr als nur schade, denn mit entsprechender Konzentration hätte das ein richtig guter Film werden können! So allerdings ist er nur ein hervorragender geworden.