»Leopolis, Lemberg Lwo´w
und Lwiw« wir kennen viele Namen
für diese Stadt, die sich so oft an politische Veränderungen und neue
Machthaber gewöhnen musste. Eine Bezeichnung ist aber heute fast vergessen:
Lemberik, so hieß die galizische Hauptstadt auf der jüdischen Landkarte, heute
gehört Lwiw zur Unkraine, es liegt am westlichen Rand nahe der polnischen
Grenze. Lemberg hieß dieser Ort, als er zum österreichischen Großreich gehörte,
zwischen erstem und zweiten Weltkrieg war Lwo´w polnisch, dann sowjetisch.
In dem vorliegenden Band wird diese Stadt, Anfang des 20. Jahrhunderts
bekannt für Kaffeehauskultur und Freizügigkeit, Zentrum der Wissenschaft
(insbesondere im Bereich der Mathematik war man dort wegweisend mit der
Entwicklung der Logik, der Mengenlehre, der Funktionsanalyse, in der Medizin
mit der Bekämpfung von Viruserkrankungen wie Typhus, Tuberkulose und Syphillis)
und in der Kunst (Entwicklung moderner bildender Kunst, Rundfunk und Literatur)
und nicht zuletzt des Judentums vorgestellt, es kommen AutorInnen aus der
Ukraine, Polen, Österreich und Deutschland zu Wort, u.a. auch Joseph Roth und
Alfred Döblin.
Immer wieder ist die mörderische und zerstörerische Zäsur durch
den Nationalsozialismus Thema, bis 1941 existierten vor Ort 45 Synagogen und
Bethäuser. Lesenswert ist auch das Kapitel über weibliche Prostitution und
Migration junger Frauen nach Amerika. Das heutige Lwiw ist so etwas wie ein
Schmelztiegel, unterschiedlichste Kulturen, Nationalitäten mussten sich
arrangieren, mitunter ein Antrieb für Erfolge und Zusammenarbeit auf so vielen
Gebieten, dann wieder Ursache der unterschiedlichsten Konflikte bis hin zu
Ausgrenzung und Vertreibung. Aktuell eine moderne Stadt der Brüche und
Neuorientierungen, eine Stadt der »verwischten Grenzen«, ganz einfach ein
interessanter und geschichtsträchtiger Ort
Hermann Simon, Irene Stratenwerth, Ronald Hinrichs
(Hg.), Lemberg. Eine Reise nach Europa, Ch. Links Verlag, 2007, 254 S.