Von Harald Manninga
Josh und Adam kommen aus England und wollen Party machen.
Svenja aus Deutschland hat ihren Anschlussflug verpasst und telefoniert sich
durch die Reisebüros. Der Ire Liam ist ständig bekifft und flieht vor seiner
bevorstehenden Vaterschaft infolge eines One-Night-Stands. Marion, ebenfalls
aus Deutschland, tanzt und meditiert in Poona, um mehr Klarheit über sich und
ihre Beziehung zu ihrem Freund zu erhalten oder irgendwie so.
Fünf Europäer in Asien, fünf Schicksale von
Rucksack-Individualtouristen, die zwischen Thailand und Indien nach irgendwas »suchen«, die dabei alle auf ihre Weise mal stranden, mal weiterkommen. Josh
und Adam sind dauernd kurz davor, sich heillos zu zerstreiten; Svenja verzweifelt
nach und nach über Sprachproblemen; Liam lernt etwas Hindi aber sonst wohl
nicht viel; Marion scheint sich in ihrem mit Techno-Disco und Swimmingpool
ausgestatteten Ashram eher in einer Art »Club Ashrameranee« zu befinden als in
einem religiösen Ziel- und Selbstfindungszentrum.
Regisseurin Sonja Heiss ist für ihren Abschlussfilm zum
Studium an der HFF München mit den Fünfen und Kameramann und Ko-Autor Nikolai
von Graevenitz auf Reisen gegangen, um aus hunderten von Stunden Doku-Material
einen wirklich hinreißend komischen Dokumentarfilm zusammenzuschneiden.
Das Besondere dabei: Eigentlich ist das gar kein
Dokumentarfilm, sondern ein Spielfilm mit mehreren Handlungssträngen. Die
Figuren werden allesamt von Schauspielern dargestellt, die eben eine Rolle
ausfüllen. Der »Josh« (Ricky Champ) spielt sonst in der Royal Shakespeare
Company, »Liam« (Chris ODowd) ist in Großbritannien in Fernsehserien
aufgefallen, »Marion« (Eva Löbau) hat in Deutschland mehrere Preise als »beste
Schauspielerin« auf dem Buckel. Alle folgen sie hier einem Drehbuch. Statisten
und zusätzlich benötigte Schauspieler wurden jeweils vor Ort und teilweise
ziemlich aufwendig gecastet.
Und trotzdem ist das alles dann doch ein Dokumentarfilm.
Oder sieht jedenfalls so aus: Die Durchlässigkeit für Unerwartetes war bei
diesem Projekt Teil des Konzepts, das auch prachtvoll aufgeht. Am sichtbarsten
vielleicht im Falle der »Svenja« (Svenja Steinfelder), die bei ihren
Telefonaten mit des Englischen nicht ernstlich mächtigen Callcenter-Angestellten
in Bangkok schier unglaubliche Dinge erlebt.
Was die anderen erleben ist deswegen aber nicht weniger
miterlebenswert. Und vor allem wird der Film durch diese hier äußerst gelungene
Mischung von Drehbuch-Vorgabe und improvisiertem Reagieren auf die Umstände,
mit denen die Akteure konfrontiert werden, zu einem wahren Schmuckstück unter
den Leinwandgemälden.
Als wäre das nicht genug, spielt der Film auch noch gekonnt
mit allerlei Klischees: Dauerbesoffene Urlaubs-Engländer, die im Ausland nichts
weiter suchen als eine Verlängerung ihres Pub-Wochenendes; verschwiemelte
Reli-Ökos, die in rötlichen Gewändern den Kontakt mit der Gottheit suchen, weil
sie mit der Welt nicht zurechtkommen; Männer, die nicht erwachsen werden
wollen... Witzig, ironisch, pointiert, durchdacht, gefühlvoll: insgesamt einfach herrlich!