Von Harald Manninga
Wenn es um Kostümfilme geht, muss irgendwann das Wort »opulent« auftauchen. Das wäre also hiermit geschehen, und mit Recht ganz zu
Anfang, denn das ist wirklich ungefähr das Erste, was ins Auge fällt: die
Pracht der Kleider und Farben und Orte, die in diesem Film eine Rolle spielen.
1998 hatte Regisseur Shekhar Kapur mit seinem ersten Film
über Elisabeth I von England der Australierin Cate Blanchett zu Weltruhm
verholfen. Ähnlich farbenprächtig und beeindruckend kommt jetzt der zweite
hinterher. Wenn vielleicht auch nicht ganz so überragend wie sein Vorgänger.
Inzwischen befindet man sich ungefähr mittig in der
Lebensgeschichte Elisabeths. Ihr Anspruch auf den Thron ist immer noch nicht
völlig unangefochten: den Katholiken galt sie als uneheliche Tochter Heinrichs
VIII, und uneheliche Kinder sind von der Thronfolge ausgeschlossen. Daher ist
denn auch die erste Front, an der sie sich zu behaupten hat, der Kampf gegen
ständig neue (katholische) Verschwörungen gegen sie. An denen auch ihre
katholische Kusine Mary Stuart, Königin von Schottland, nicht unbeteiligt ist,
selbst aus der Gefangenschaft heraus.
Bei diesem Kampf hilft Elisabeth ihr Berater Sir Francis
Walsingham mit seinem weitverzweigten Spionagenetz im In-und Ausland.
Weitverzweigt ist dabei sehr notwendig, denn vom Kontinent her droht zweitens
weitere Gefahr durch den spanischen (und katholischen) König Philip II, der
gerade seine Armada baut, um England anzugreifen und seine Tochter Isabella auf
den englischen Thron zu setzen.
Drittens ist da noch die Geschichte mit Sir Walter Raleigh,
der eben aus der »Neuen Welt« mit Kartoffeln, Tabak und Beutegold von
spanischen Schiffen zurückkehrt und jetzt erst mal anfängt, Frauenherzen statt
Reichtümer zu erobern.
Viel Stoff für Verwicklungen also, der in diesem Film auch
weidlich genutzt wird. Manchmal wird es allerdings doch etwas unübersichtlich,
wer denn nun gerade mit wem verbandelt ist, nicht zuletzt durch besagten
Walsingham, dessen Bruder katholisch ist und an einer der Verschwörungen
beteiligt. (Walsingham, dem Begründer dessen, was heute die britischen
Geheimdienste sind, wird übrigens der denkwürdige Satz zugeschrieben: »There is
nothing more dangerous than security.« Darf hier auch ruhig mal gesagt werden.)
Wer sich von diesem Film die große Geschichtslektion
erwartet, sollte seine Erwartungen nicht zu hoch schrauben: Mit der Historie
wird hier denn doch etwas lässig umgegangen.
Dafür ist der Film aber als Film umso besser und
treffender geworden: Wunderschöne Bilder und Kostüme, dolle Farben und
Kameraeinstellungen. Hervorragend gespielt von Geoffrey Rush (zuletzt als
Barbossa im Fluch der Karibik auffällig geworden) in der Rolle des
Walsingham; von Clive Owen, der den Abenteurer Raleigh herrlich unrasiert und
piratig gibt; allen voran und voraus aber von Cate Blanchett als Elisabeth.
Ein Vorsprung, der kein wirklich großes Kunststück
ist, denn die Geschichte(n) des Films sind immer fast komplett auf sie, d.h.
Elisabeth, zugeschnitten, so dass Frau Blanchett nahezu immer im Bild ist. Und
selbst unter den seinerzeit üblichen zentimeterdicken Schminkeschichten immer
ein wunderbar ausdrucksvolles Gesicht macht. Allein die Wandlung von der
öffentlichen Elisabeth, mit wohl zentnerschwerer Perücke auf dem Kopf, zu der
privaten Frau im Bad und ohne Perücke ist ein Schmuckstück für sich.