Webwecker Bielefeld: Notes from Nowhere (Hg), »Wir sind überall. weltweit. unwiderstehlich. antikapitalistisch« (April 2007)

Notes from Nowhere (Hg), »Wir sind überall. weltweit. unwiderstehlich. antikapitalistisch« (April 2007)



Am 6./ 7./ 8. Juni findet der G 8-Gipfel in Heiligendamm an der Ostsee statt. Die Vorbereitungen für das Treffen der Staats- und Regierungschefs laufen auf Hochtouren. Passend zur Vorbereitung erscheint im ungewöhnlichen Querformat des Titels“ Wir sind überall“, zeitgleich in französisch, italienisch, griechisch, koreanisch, spanisch und türkisch, ein Tribut an die Internationalität der GlobalisierungsgegnerInnen, seit 2003 liegt der Titel in Englisch vor. Auf über 500 Seiten und 130 Fotos berichten Aktivistinnen und Aktivsten aus aller Welt: mutige, kreative, phantasievolle Menschen, die sich entschieden haben, zusammen mit Gleichgesinnten initiativ zu werden, um sich aus aufgezwungenen Abhängigkeiten zu befreien. Diese unterschiedlichen  Menschen oder Bewegungen verstehen ihre Kämpfe als antikapitalistisch, international und gemeinsam:

Bauern aus Indien, Bauern aus Korea oder Frankreich, südafrikanische AktivistInnen, die sich zum Durban Social Forum zusammenschlossen, afrikanische sans  papiers aus Frankreich, argentinischen Piqueteros, mexikanische Zapatisten  und noch viele andere...

Menschen, die in Seattle oder Genua gegen den G 8-Gipfel protestierten, berichten von ihren Eindrücken, Erlebnissen und Erfahrungen. Nicht vergessen sei an dieser Stelle, dass während des G 8-Gipfels in Genua scharf geschossen wurde, was einem italienischem Aktivisten das Leben kostete. „Wir sind überall“ bietet eine Vielfalt an subjektiven Erlebnisberichten und unterschiedlichen politischen Analysen, das gewährt ungewöhnliche Einblicke in die vielfältige und äußerst lebendige Antiglobalisierungsbewegung und macht „Wir sind überall“ zu einer spannenden Lektüre, die zudem noch mit praktischen Tipps versorgt. Kein Wunder, denn das Redaktionskollektiv setzt sich aus Aktivisten, AutorInnen, FotografInnen und Idymedia-MitarbeiterInnen zusammen. Indymedia ermöglicht die weltweite Vernetzung und Diskussion innerhalb der Antiglobalisierungsbewegung. Nicht nur hilfreich, sondern auch erhellend ist die historische Zeitleiste, die sich durch das Buch zieht. Sie beginnt mit dem Aufstand der Zapatisten im Januar 1994. Dieser Aufstand wird als positives Beispiel und Anstoß für die neuen Bewegungen gesehen. Denn wie den Zapatisten gehe es den GlobalisierungsgegnerInnen nicht um den Aufbau neuer machtvoller Führungsstrukturen, sondern um den Dialog untereinander und die Beteiligung aller an gesellschaftlichen Entwicklungen und Entscheidungen, äußerst basisdemokratisch.

Im Nachwort zur deutschen Ausgabe wird die aktuelle Mobilisierung gegen den G 8-Gipfel in Heiligendamm als Experimentierfeld bewertet, denn es finde eine Neuorientierung statt: es gehe um die Entwicklung neuer Aktionsformen, an denen alle partizipieren können und um die Entwicklung eines gemeinsamen Forderungskatalogs, der Unterschiede respektiere und Diskussionen ermögliche, gleichzeitig eindeutig widerständig gegen den bestehenden Kapitalismus sei. Angesichts der Unterschiedlichkeit der AkteurInnen keine einfache Herausforderung. Eine mögliche Gemeinsamkeit könne die Forderung nach Bleiberecht für alle sein, denn sie ziele auf Migration per se, „ihre Bewegung und ihre Kämpfe, die größte soziale Bewegung der Welt“,  so die SchreiberInnen des Nachwortes. Ungeklärt bleibt, ob das Thema Migration tatsächlich für alle Beteiligten der Antiglobalisierungsbewegung von so großer Bedeutung ist, wie der Prozess der Neuorientierung stattfinden kann. Auch wenn diese Frage ungeklärt bleibt ist „wir sind überall“ eine spannender Titel, eindeutig authentisch und lebendig.

Notes from Nowhere (Hg), „Wir sind überall. weltweit. unwiderstehlich. antikapitalistisch“, Edition Nautilus, 544 S., mit 130 S-W-Fotos, 19,90 Euro

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