Am 6./ 7./ 8. Juni findet der G 8-Gipfel in Heiligendamm an
der Ostsee statt. Die Vorbereitungen für das Treffen der Staats- und
Regierungschefs laufen auf Hochtouren. Passend zur Vorbereitung erscheint im ungewöhnlichen Querformat
des Titels Wir sind überall, zeitgleich in französisch, italienisch,
griechisch, koreanisch, spanisch und türkisch, ein Tribut an die
Internationalität der GlobalisierungsgegnerInnen, seit 2003 liegt der Titel in
Englisch vor. Auf über 500 Seiten und 130 Fotos berichten Aktivistinnen und
Aktivsten aus aller Welt: mutige, kreative, phantasievolle Menschen, die sich
entschieden haben, zusammen mit Gleichgesinnten initiativ zu werden, um sich
aus aufgezwungenen Abhängigkeiten zu befreien. Diese unterschiedlichen Menschen oder Bewegungen verstehen ihre
Kämpfe als antikapitalistisch, international und gemeinsam:
Bauern aus Indien, Bauern aus Korea oder Frankreich,
südafrikanische AktivistInnen, die sich zum Durban Social Forum
zusammenschlossen, afrikanische sans
papiers aus Frankreich, argentinischen Piqueteros, mexikanische
Zapatisten und noch viele andere...
Menschen, die in Seattle oder Genua gegen den G 8-Gipfel
protestierten, berichten von ihren Eindrücken, Erlebnissen und Erfahrungen.
Nicht vergessen sei an dieser Stelle, dass während des G 8-Gipfels in Genua
scharf geschossen wurde, was einem italienischem Aktivisten das Leben kostete.
Wir sind überall bietet eine Vielfalt an subjektiven Erlebnisberichten und
unterschiedlichen politischen Analysen, das gewährt ungewöhnliche Einblicke in
die vielfältige und äußerst lebendige Antiglobalisierungsbewegung und macht
Wir sind überall zu einer spannenden Lektüre, die zudem noch mit praktischen
Tipps versorgt. Kein Wunder, denn das Redaktionskollektiv setzt sich aus
Aktivisten, AutorInnen, FotografInnen und Idymedia-MitarbeiterInnen zusammen.
Indymedia ermöglicht die weltweite Vernetzung und Diskussion innerhalb der
Antiglobalisierungsbewegung. Nicht nur hilfreich, sondern auch erhellend ist
die historische Zeitleiste, die sich durch das Buch zieht. Sie beginnt mit dem
Aufstand der Zapatisten im Januar 1994. Dieser Aufstand wird als positives
Beispiel und Anstoß für die neuen Bewegungen gesehen. Denn wie den Zapatisten
gehe es den GlobalisierungsgegnerInnen nicht um den Aufbau neuer machtvoller
Führungsstrukturen, sondern um den Dialog untereinander und die Beteiligung
aller an gesellschaftlichen Entwicklungen und Entscheidungen, äußerst
basisdemokratisch.
Im Nachwort zur deutschen Ausgabe wird die aktuelle
Mobilisierung gegen den G 8-Gipfel in Heiligendamm als Experimentierfeld
bewertet, denn es finde eine Neuorientierung statt: es gehe um die Entwicklung
neuer Aktionsformen, an denen alle partizipieren können und um die Entwicklung
eines gemeinsamen Forderungskatalogs, der Unterschiede respektiere und
Diskussionen ermögliche, gleichzeitig eindeutig widerständig gegen den
bestehenden Kapitalismus sei. Angesichts der Unterschiedlichkeit der
AkteurInnen keine einfache Herausforderung. Eine mögliche Gemeinsamkeit könne
die Forderung nach Bleiberecht für alle sein, denn sie ziele auf
Migration per se, ihre Bewegung und ihre Kämpfe, die größte soziale Bewegung
der Welt, so die SchreiberInnen des
Nachwortes. Ungeklärt bleibt, ob das Thema Migration tatsächlich für alle
Beteiligten der Antiglobalisierungsbewegung von so großer Bedeutung ist, wie
der Prozess der Neuorientierung stattfinden kann. Auch wenn diese Frage
ungeklärt bleibt ist wir sind überall eine spannender Titel, eindeutig
authentisch und lebendig.
Notes from Nowhere (Hg), Wir sind überall.
weltweit. unwiderstehlich. antikapitalistisch, Edition Nautilus, 544 S., mit
130 S-W-Fotos, 19,90 Euro
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