Webwecker Bielefeld: Patricia Bosworth: »Schwarz & Weiß. Das Leben der Diane Arbus« (Januar, 2007)

Patricia Bosworth: »Schwarz & Weiß. Das Leben der Diane Arbus« (Januar, 2007)



„Wenn ich für ein Bild Geld bekomme, glaube ich sofort, dass das Bild nicht gut ist“, so wird Diane Arbus in der nun vorliegenden Biographie von Patricia Bothworth „Schwarz & Weiß. Das Leben der Diane Arbus“ aus dem DuMont Literatur und Kunstverlag zitiert. Ein grundsätzliches Dilemma der bekannten und wegweisenden Fotokünstlerin, die unbeirrt einen unverwechselbaren Stil entwickelte und als eine der größten Fotokünstlerinnen des 20. Jahrhundert gilt. Wie viele anerkannte KünstlerInnen erlebte Diane Arbus ihren ganz großen Erfolg nicht mehr: Die erste bahnbrechende Ausstellung mit Arbeiten von Diane Arbus fand 1972 im Museum of Modern Art in New York statt, in selben Jahr wurden ihre Arbeiten auf der Biennale in Venedig ausgestellt. Die „ins Monumentale vergrößerten Aufnahmen ihrer wunderlichen Menschen (Zwerge, Transvestiten, Nudisten)“ wurden „zur überwältigenden Sensation des amerikanischen Pavillons“, so ein Kunstkritiker. Am 26.Juli 1971 beging Diane Arbus Selbstmord.

Patricia Bothworth nähert sich in der erstmalig 1984 in englischer Sprache erschienenen, nun aktualisierten Biographie vertieft dem persönlichem Leben der Künstlerin an. Sie recherchierte akribisch und führte zahlreiche Interviews mit Menschen, die in unterschiedlicher Beziehung zu Diane Arbus standen: Familienmitgliedern, Freunde, Personen aus der Geschäftswelt, der Glamour – Welt der Mode und nicht zuletzt mit vielen ihre Modelle.

Am 14.3.1923 wurde Diane als zweites Kind des Ehepaares Gertrud und David Nemerov geboren. Ihre Familie war wohlhabend, sie besaß das angesehene Pelz- und Modekaufhaus „Russeks. Mit 14 Jahren lernt Diane bei Russeks Allan Arbus kennen, den sie im April 1941 gegen den Willen der Eltern heiratete. Zusammen arbeitet das Ehepaar Arbus, in der Szene nur „die Arbs“, zunehmend erfolgreich in der Modefotografie. Sie erlauben sich, wenn möglich, mit den Konventionen nicht nur der Modefotografie zu brechen. Auch die Autorin der Biographie arbeitete für die „Arbs und erinnert sich, dass die Zusammenarbeit immer sehr entspannt verlief und den Modellen gerade von Diane Arbus mit starkem persönlichem Interesse begegnet wurde. Diane Arbus beginnt ihre eigene künstlerische Arbeit zu verfolgen,  hauptsächlich fotografiert sie in New York. Anfänglich ist sie zurückhaltend  und scheu gegenüber den Modellen, zur Kontaktaufnahme  muss sie jedes mal ihre Schüchternheit überwinden, dann aber arbeitet sie wie eine „Besessene.“  Das Besondere ihrer Arbeit ist die unmittelbare Ehrlichkeit und das absolut Authentische. Diane Arbus lenkt den Blick auf das Vertraute in Befremdendem.

Als die Ehe mit Allan Arbus sowie die berufliche Zusammenarbeit scheitert, verfolgt Diane Arbus ihren Weg als eigenständige Künstlerin. Erschwerend ist sicherlich, dass sie sich nun alleinerziehend weiterhin liebevoll und aufmerksam um ihre Töchter kümmert. Immerzu macht ihr ihre prekäre finanzielle Situation zu schaffen. Ein aufschlussreiches Detail: bei einer Ausstellung 1969 wurden nur zwei Arbeiten für je 150$ verkauft, diese Arbeiten sind heute 4500$ wert. Zeit ihres Lebens leidet Diane Arbus unter immer wiederkehrender Depressivität, in dieser Zeit verstärkt. Ihr letztes fotografisches Sujet sind psychisch und physisch Behinderte. Eindrucksvolle Arbeiten, allerdings scheint Diane Arbus mit dem Ergebnis ihrer Arbeit nicht vollständig zufrieden, nichts Ungewöhnliches für eine Künstlerin, die nach Perfektion des eigenen Ausdrucks strebt. Ihr plötzlicher Freitod schockiert Familie, Freunde und Bekannte.

Bei der Lektüre irritiert, dass ein Aspekt ihrer Identität nur am Rande erwähnt wird: Diane Arbus war Jüdin. Es ist anzunehmen, dass zumindest der Holocaust in Europa Thema in den Familien Nemerov und Arbus war, denn die Familie mütterlicherseits stammte aus Polen.

 

Patricia Bothworth schließt ihre gelungene Biographie, sie zeigt den verwundbaren Menschen hinter dem Mythos der starken Künstlerin, mit persönlichen  Worten Diane Arbus: „ Ich glaube,...es gibt Dinge, die niemand sähe, wenn ich sie nicht fotografiert hätte.“

Patricia Bosworth: „Schwarz & Weiß. Das Leben der Diane Arbus“. Aus dem Englischem von Ursula Wulfekamp. DuMont Literatur und Kunstverlag, Köln, 2006. 439 S., 24,80 Euro.

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