Webwecker Bielefeld: Kritik am PPP-Modell (20.12.2006)

Kritik am PPP-Modell (20.12.2006)




Von Manfred Horn

Als die Grünen am vergangenen Mittwoch zu einer Veranstaltung zum Thema Public Private Partnership in die Ravensberger Spinnerei luden, kamen nur wenige Interessierte. Dabei geht es um viel: Aktuell wird in Bielefeld diskutiert, ein technisches Rathaus zu schaffen. Die Frage, die bis Ende Januar entschieden sein soll, lautet dabei: Wer baut das Gebäude an der August-Bebel-Straße um, ein Privatinvestor oder die Stadt? (WebWecker berichtete).

Bei einem PPP-Modell (Public-Private-Partnership) wäre dies ein privater Bauträger, der das große Haus anschließend quasi an die Stadt vermieten würde. Diese öffentlich-privaten Partnerschaften sind momentan sehr in Mode – und genauso umstritten. Die Frontlinien laufen politisch quer durch alle Parteien, die Grünen etwa, die in Bielefeld gegen ein PPP-Modell für das ehemalige Kreishaus und künftige Technische Rathaus sind, befürworten als Grüne im Kreis Lippe ein PPP-Modell für die Kreisstraßen.

Einer, der Erfahrung mit PPP hat, ist Gerhard Joksch, ehemaliger Baudezernent aus Münster. Er war am Mittwoch abend in die Ravensberger Spinnerei gekommen, um von seinen Erfahrungen mit dem Modell zu berichten. Dort ist PPP sehr wohl auch ein Thema, so plant die Stadtregierung gegen den Protest der Grünen eine Privatisierung der Bäder.

Die Befürworter verstehen PPP als überfällige Privatisierung des öffentlichen Bauens, als Lösung der baupolitischen Probleme der öffentlichen Aufgabenträger und als Mittel, um trotz leerer Kassen marode Gebäude sanieren oder neue bauen zu können. Die Gegner befürchten, dass PPP für die öffentlichen Auftraggeber am Ende viel teurer wird als gedacht. Die mittelständische Bauwirtschaft und das lokale Handwerk sehen sich durch PPP zudem in ihrer traditionellen Rolle als Baupartner der Kommunen gefährdet. Auch warnen Kritiker, dass das Ergebnis nicht den Wünschen entsprechen könnte. Wer nur auf Kostenreduzierung achtet, kann auch einen schlechten Bau bekommen, der nach 20 Jahren verbraucht ist und saniert werden muss.


Bald ein Viertel aller öffentlichen Bauaufträge?

Das Volumen der PPP-Aufträge hat in Deutschland mittlerweile die Grenze von  zwei Milliarden Euro deutlich überschritten, hat Gerhard Joksch errechnet. Ihm sind mehr als 100 konkrete Vorhaben bundesweit bekannt. Die PPP-Lobby peile ein Auftragsvolumen von drei bis fünf Milliarden Euro jährlich an, was rund einem Viertel aller öffentlichen Bauinvestitionen entspräche. Diese Entwicklung trifft auf einen, wie Joksch sagt, »dramatischen Rückgang der öffentlichen Bauinvestitionen insgesamt: Städte und Gemeinden haben ihre Ausgaben für die technische Infrastruktur in den letzten 15 Jahren von 35 Milliarden Euro auf 20 Milliarden Euro zurückgefahren. Löchrige Straßen, undichte Kanäle und kaputte Gebäude sind sichtbare Folgen.

PPP sei keinesfalls mit der Privatisierung des öffentlichen Bauens gleichzusetzen, sagt Joksch. Auch bei der konventionellen Beschaffung entfallen mindestens 80 Prozent der Investitionssumme auf private Partner, vorwiegend mittelständische Bau- und Handwerksbetriebe aus dem  lokalen und regionalen Umkreis. Die Bauverwaltung, in Bielefeld der Immobilien-Service-Betrieb (ISB), kann schließlich nicht selber zur Kelle greifen.

Bei einem PPP-Projekt werde die traditionelle Vielfalt der nach Ausschreibung von Gewerken beauftragten privaten Bau- und Dienstleister ersetzt durch den PPP-Auftragnehmer, der alle Leistungen erbringt oder von Subunternehmern erbringen lässt. Der kommunale Wirtschafts- und Leistungskreislauf werde so tendenziell aufgelöst, sagt Joksch. Betrachtee man die Liste der bislang abgeschlossenen PPP-Verträge, dann tauchen bestimmte Firmen-Namen immer wieder auf. Das Gegenargument, der  Mittelstand komme über Nachunternehmerverträge ins Geschäft,  sei zweischneidig: »Zu welchem Preis und zu welchen Bedingungen können die mitmachen«, fragt Joksch. So würden aus unabhängigen Dienstleistern und Handwerkern Subunternehmer.

Die Berichte über bislang abgeschlossene PPP-Verträge reklamieren allerdings Minderkosten gegenüber der konventionellen Beschaffung von bis zu 15 Prozent. Valide Ergebnisse liefern die laufenden PPP-Maßnahmen aber erst nach einigen Jahren. Durchaus möglich, dass die Gebäude im Unterhalt teurer werden, weil sie schlechter gebaut werden. »Nicht vergessen darf man allerdings den Mehraufwand des PPP-Verfahrens, der zeitlich und finanziell zu Buche schlägt: Transaktionskosten von fünf Prozent und mehr der Auftragssumme sind nicht ungewöhnlich«, weiß Joksch.


Risiko bleibt beim Auftraggeber

Ein PPP-Verfahren erlaubt es, die Risikoverteilung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zu verhandeln. Die Verteilung der Verantwortlichkeiten sei aber nicht gleich der Verteilung der Kosten. Denn für die Kosten der Risiken zahle auch bei PPP immer der Auftraggeber. »Zusätzliche Baukosten aufgrund von  Mehrleistungen durch größeres Raumprogramm oder höhere Bau- und Leistungsstandards als vereinbart gehen automatisch zu Lasten des Bestellers. Mehrkosten ohne Zutun des Bestellers trägt demgegenüber allein der Auftragnehmer«, sagen die PPP-Verträge gewöhnlich. Dieses Risiko werde der Anbieter aber nach den kaufmännischen Kalkulationsregeln in sein Angebot einpreisen, sagt Joksch.

Jokschs Motto lautet: Von PPP lernen. Die Lifecycle-Betrachtung zum Beispiel, also die Synthese von Planen, Bauen, Unterhalten und Verwertung, sorge für vollständige Kostenerfassung und größtmögliche Kostentransparenz. »PPP verfügt über wichtige Pluspunkte, die  öffentliche Auftraggeber soweit als möglich für die konventionelle Beschaffung nutzbar machen sollten«, sagt er. Für eine abschließende Bewertung von PPP sei es aber noch zu früh, sagt Joksch. »Zu glauben, mit PPP könne man gebäudewirtschaftliche Leistungen ›für Lau« bekommen, ist ein schlimmer Irrtum«, sagt er aber.