Von Manfred Horn
Als die Grünen am vergangenen
Mittwoch zu einer Veranstaltung zum Thema Public Private Partnership in die
Ravensberger Spinnerei luden, kamen nur wenige Interessierte. Dabei geht es um
viel: Aktuell wird in Bielefeld diskutiert, ein technisches Rathaus zu
schaffen. Die Frage, die bis Ende Januar entschieden sein soll, lautet dabei:
Wer baut das Gebäude an der August-Bebel-Straße um, ein Privatinvestor oder die
Stadt? (WebWecker berichtete).
Bei einem PPP-Modell
(Public-Private-Partnership) wäre dies ein privater Bauträger, der das große Haus
anschließend quasi an die Stadt vermieten würde. Diese öffentlich-privaten
Partnerschaften sind momentan sehr in Mode und genauso umstritten. Die
Frontlinien laufen politisch quer durch alle Parteien, die Grünen etwa, die in
Bielefeld gegen ein PPP-Modell für das ehemalige Kreishaus und künftige
Technische Rathaus sind, befürworten als Grüne im Kreis Lippe ein PPP-Modell
für die Kreisstraßen.
Einer, der Erfahrung mit PPP hat,
ist Gerhard Joksch, ehemaliger Baudezernent aus Münster. Er war am Mittwoch
abend in die Ravensberger Spinnerei gekommen, um von seinen Erfahrungen mit dem
Modell zu berichten. Dort ist PPP sehr wohl auch ein Thema, so plant die
Stadtregierung gegen den Protest der Grünen eine Privatisierung der Bäder.
Die Befürworter verstehen PPP als
überfällige Privatisierung des öffentlichen Bauens, als Lösung der
baupolitischen Probleme der öffentlichen Aufgabenträger und als Mittel, um
trotz leerer Kassen marode Gebäude sanieren oder neue bauen zu können. Die
Gegner befürchten, dass PPP für die öffentlichen Auftraggeber am Ende viel
teurer wird als gedacht. Die mittelständische Bauwirtschaft und das lokale
Handwerk sehen sich durch PPP zudem in ihrer traditionellen Rolle als Baupartner
der Kommunen gefährdet. Auch warnen Kritiker, dass das Ergebnis nicht den
Wünschen entsprechen könnte. Wer nur auf Kostenreduzierung achtet, kann auch
einen schlechten Bau bekommen, der nach 20 Jahren verbraucht ist und saniert
werden muss.
Bald ein Viertel aller öffentlichen Bauaufträge?
Das Volumen der PPP-Aufträge hat in
Deutschland mittlerweile die Grenze von zwei Milliarden Euro deutlich überschritten, hat Gerhard Joksch
errechnet. Ihm sind mehr als 100 konkrete Vorhaben bundesweit bekannt. Die
PPP-Lobby peile ein Auftragsvolumen von drei bis fünf Milliarden Euro jährlich
an, was rund einem Viertel aller öffentlichen Bauinvestitionen entspräche. Diese
Entwicklung trifft auf einen, wie Joksch sagt, »dramatischen Rückgang der
öffentlichen Bauinvestitionen insgesamt: Städte und Gemeinden haben ihre Ausgaben für die technische
Infrastruktur in den letzten 15 Jahren von 35 Milliarden Euro auf 20 Milliarden
Euro zurückgefahren. Löchrige Straßen, undichte Kanäle und kaputte Gebäude sind
sichtbare Folgen.
PPP sei keinesfalls mit der Privatisierung
des öffentlichen Bauens gleichzusetzen, sagt Joksch. Auch bei der
konventionellen Beschaffung entfallen mindestens 80 Prozent der
Investitionssumme auf private Partner, vorwiegend mittelständische Bau- und
Handwerksbetriebe aus dem lokalen und
regionalen Umkreis. Die Bauverwaltung, in Bielefeld der
Immobilien-Service-Betrieb (ISB), kann schließlich nicht selber zur Kelle
greifen.
Bei einem PPP-Projekt werde die
traditionelle Vielfalt der nach Ausschreibung von Gewerken beauftragten
privaten Bau- und Dienstleister ersetzt durch den PPP-Auftragnehmer, der alle
Leistungen erbringt oder von Subunternehmern erbringen lässt. Der kommunale Wirtschafts-
und Leistungskreislauf werde so tendenziell aufgelöst, sagt Joksch. Betrachtee
man die Liste der bislang abgeschlossenen PPP-Verträge, dann tauchen bestimmte Firmen-Namen
immer wieder auf. Das Gegenargument, der
Mittelstand komme über Nachunternehmerverträge ins Geschäft, sei zweischneidig: »Zu welchem Preis und zu
welchen Bedingungen können die mitmachen«, fragt Joksch. So würden aus
unabhängigen Dienstleistern und Handwerkern Subunternehmer.
Die Berichte über bislang
abgeschlossene PPP-Verträge reklamieren allerdings Minderkosten gegenüber der
konventionellen Beschaffung von bis zu 15 Prozent. Valide Ergebnisse liefern die
laufenden PPP-Maßnahmen aber erst nach einigen Jahren. Durchaus möglich, dass
die Gebäude im Unterhalt teurer werden, weil sie schlechter gebaut werden. »Nicht vergessen darf man allerdings den Mehraufwand des
PPP-Verfahrens, der zeitlich und finanziell zu Buche schlägt: Transaktionskosten
von fünf Prozent und mehr der Auftragssumme sind nicht ungewöhnlich«, weiß
Joksch.
Risiko bleibt beim Auftraggeber
Ein PPP-Verfahren erlaubt es, die
Risikoverteilung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zu verhandeln. Die
Verteilung der Verantwortlichkeiten sei aber nicht gleich der Verteilung der
Kosten. Denn für die Kosten der Risiken zahle auch bei PPP immer der
Auftraggeber. »Zusätzliche Baukosten aufgrund von Mehrleistungen durch größeres Raumprogramm oder höhere Bau- und
Leistungsstandards als vereinbart gehen automatisch zu Lasten des Bestellers.
Mehrkosten ohne Zutun des Bestellers trägt demgegenüber allein der Auftragnehmer«,
sagen die PPP-Verträge gewöhnlich. Dieses Risiko werde der Anbieter aber nach
den kaufmännischen Kalkulationsregeln in sein Angebot einpreisen, sagt Joksch.
Jokschs Motto lautet: Von PPP
lernen. Die Lifecycle-Betrachtung zum Beispiel, also die Synthese von Planen, Bauen,
Unterhalten und Verwertung, sorge für vollständige Kostenerfassung und
größtmögliche Kostentransparenz. »PPP verfügt über wichtige Pluspunkte,
die öffentliche Auftraggeber soweit als
möglich für die konventionelle Beschaffung nutzbar machen sollten«, sagt er. Für
eine abschließende Bewertung von PPP sei es aber noch zu früh, sagt Joksch. »Zu
glauben, mit PPP könne man gebäudewirtschaftliche Leistungen für Lau«
bekommen, ist ein schlimmer Irrtum«, sagt er aber.