Webwecker Bielefeld: AStA empört über Polizeiübung (08.11.2006)

AStA empört über Polizeiübung (08.11.2006)



 

Eine Polizeiübung in der leerstehenden Grundheiderschule in Bielefeld sorgt für Ärger beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Universität. Bei der hatten Polizeikräfte die Räumung eines besetzten Rektorats geübt. Empörung löst vor allem auf, dass dabei Molotowcocktails und »Steine« flogen. Denn schließlich sind nach Meinung des AStA alle Rektoratsbesetzungen friedlich verlaufen


Von Mario A. Sarcletti

»Polizei stellt Unwissenheit offen zur Schau« lautet die Überschrift einer Pressemitteilung des AStA der Universität. »Die nordrhein-westfälische Polizei scheint absolut desinformiert über die Situation an den Universitäten zu sein«, präzisiert der AStA-Vorsitzende Jan Binder diese Aussage. Grund für den Ärger ist eine Polizeiübung, die am 24. Oktober an der Grundheiderschule, die seit 2004 keine Schüler mehr beherbergt. Stattdessen tummeln sich jetzt Ordnungshüter auf dem Areal und üben den Ernstfall.

Auch am 24. Oktober stand ein solcher Probeeinsatz auf dem Programm, die Einsatzhundertschaft sollte die Räumung eines besetzten Rektorats trainieren. Nicht allein diese Tatsache sorgt aber für Unmut bei der Studierendenvertretung, »fassungslos«, wie es in der Pressemitteilung heißt, macht sie vor allem die Tatsache, dass die Rektoratsbesetzer mimenden Polizeischüler bei der Übung Molotow-Cocktails sowie Tennisbälle warfen, die Steine darstellen sollten.

Schließlich waren die Studierendenproteste gegen die Einführung von Studiengebühren »auf Seite der Studierenden allesamt friedlich verlaufen«, wie der AStA feststellt. »Steine und gar Molotow-Cocktails sind in den letzten Jahren nicht von Studierenden auf Polizisten geworfen worden«, heißt es vom AStA weiter. Dass Studierende gegen die Einführung der Gebühren von 500 Euro pro Semester protestierten, wundert die Studierendenvertreter nicht. »Wer Menschen ihrer Existenzgrundlage und Zukunftschancen beraubt, soll sich über die Folgen doch bitte nicht wundern«, findet Mouna Amrani vom Referat für Hochschul- und Bildungspolitik des Studierendenausschusses. »Rektoratsbesetzungen spiegeln den Unwillen der Studierenden über die Arbeit der Rektoren beziehungsweise Universitätspräsidenten wider«, zeigt der AStA Verständnis für juristische Grenzüberschreitungen.

Für die Studierendenvertretung passt die Polizeiübung allerdings zur gesamtgesellschaftlichen Entwicklung. »Hier zeigt sich wieder eine zunehmenden Militarisierung des Staates gegenüber dem Kampf der Rückgewinnung demokratischer Teilhabe und Rechte«, finden die Studierendenvertreter. Die Übung demaskiere zudem die Problemlösungsstrategien der Polizei NRW. Den Kampf gegen Studiengebühren sieht der AStA auch durch die Verfassung  gedeckt. »Laut Grundgesetz Artikel 20, Paragraph 4 haben alle Menschen in diesem Land das Recht »gegen jeden der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, [...] Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist«, zu leisten«, hat die Studierendenvertretung herausgefunden. Nach ihrer Meinung verstoßen die Gebühren gegen das auch von der UN-Menschenrechtscharta verbriefte Recht auf freien Zugang zur Bildung. Sie verwahrt sich gegen die Illegalisierung von Protesten gegen eine »unsoziale, selektive Gesellschaft«. Von »lächerlichen Polizeiübungen« wolle man sich dabei nicht einschüchtern lassen, teilt der AStA mit.

Der beklagt zwar zudem das »Hinauswerfen von Steuergeldern«, hat aber eine Frage ausgeklammert. Die Stadt erhält laut Neuer Westfälischer als Inhaber der Grundheiderschule lediglich 3.500 Euro jährlich dafür, dass es der Polizei das Areal für Übungen zur Verfügung stellt. Die sollen nach Angaben der Zeitung dort künftig »regelmäßig« stattfinden.