Eine Polizeiübung in der leerstehenden Grundheiderschule in
Bielefeld sorgt für Ärger beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der
Universität. Bei der hatten Polizeikräfte die Räumung eines besetzten Rektorats
geübt. Empörung löst vor allem auf, dass dabei Molotowcocktails und »Steine«
flogen. Denn schließlich sind nach Meinung des AStA alle Rektoratsbesetzungen
friedlich verlaufen
Von Mario A.
Sarcletti
»Polizei stellt Unwissenheit offen zur Schau« lautet die Überschrift
einer Pressemitteilung des AStA der Universität. »Die nordrhein-westfälische
Polizei scheint absolut desinformiert über die Situation an den Universitäten
zu sein«, präzisiert der AStA-Vorsitzende Jan Binder diese Aussage. Grund für
den Ärger ist eine Polizeiübung, die am 24. Oktober an der Grundheiderschule,
die seit 2004 keine Schüler mehr beherbergt. Stattdessen tummeln sich jetzt
Ordnungshüter auf dem Areal und üben den Ernstfall.
Auch am 24. Oktober stand ein solcher Probeeinsatz auf dem Programm,
die Einsatzhundertschaft sollte die Räumung eines besetzten Rektorats
trainieren. Nicht allein diese Tatsache sorgt aber für Unmut bei der
Studierendenvertretung, »fassungslos«, wie es in der Pressemitteilung heißt,
macht sie vor allem die Tatsache, dass die Rektoratsbesetzer mimenden
Polizeischüler bei der Übung Molotow-Cocktails sowie Tennisbälle warfen, die
Steine darstellen sollten.
Schließlich waren die Studierendenproteste gegen die Einführung von
Studiengebühren »auf Seite der Studierenden allesamt friedlich verlaufen«, wie
der AStA feststellt. »Steine und gar Molotow-Cocktails sind in den letzten
Jahren nicht von Studierenden auf Polizisten geworfen worden«, heißt es vom
AStA weiter. Dass Studierende gegen die Einführung der Gebühren von 500 Euro
pro Semester protestierten, wundert die Studierendenvertreter nicht. »Wer
Menschen ihrer Existenzgrundlage und Zukunftschancen beraubt, soll sich über
die Folgen doch bitte nicht wundern«, findet Mouna Amrani vom Referat für
Hochschul- und Bildungspolitik des Studierendenausschusses.
»Rektoratsbesetzungen spiegeln den Unwillen der Studierenden über die Arbeit
der Rektoren beziehungsweise Universitätspräsidenten wider«, zeigt der AStA
Verständnis für juristische Grenzüberschreitungen.
Für die Studierendenvertretung passt die Polizeiübung allerdings zur
gesamtgesellschaftlichen Entwicklung. »Hier zeigt sich wieder eine zunehmenden
Militarisierung des Staates gegenüber dem Kampf der Rückgewinnung
demokratischer Teilhabe und Rechte«, finden die Studierendenvertreter. Die
Übung demaskiere zudem die Problemlösungsstrategien der Polizei NRW. Den Kampf
gegen Studiengebühren sieht der AStA auch durch die Verfassung gedeckt. »Laut Grundgesetz Artikel 20,
Paragraph 4 haben alle Menschen in diesem Land das Recht »gegen jeden der es
unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, [...] Widerstand, wenn andere Abhilfe
nicht möglich ist«, zu leisten«, hat die Studierendenvertretung herausgefunden.
Nach ihrer Meinung verstoßen die Gebühren gegen das auch von der
UN-Menschenrechtscharta verbriefte Recht auf freien Zugang zur Bildung. Sie
verwahrt sich gegen die Illegalisierung von Protesten gegen eine »unsoziale,
selektive Gesellschaft«. Von »lächerlichen Polizeiübungen« wolle man sich dabei
nicht einschüchtern lassen, teilt der AStA mit.
Der beklagt zwar zudem das »Hinauswerfen von Steuergeldern«, hat aber
eine Frage ausgeklammert. Die Stadt erhält laut Neuer Westfälischer als Inhaber
der Grundheiderschule lediglich 3.500 Euro jährlich dafür, dass es der Polizei
das Areal für Übungen zur Verfügung stellt. Die sollen nach Angaben der Zeitung
dort künftig »regelmäßig« stattfinden.