Von Manfred Horn
Hasenweitsprung, Summstein, Barfusspfad: Es geht um
Sinneserweiterung. Das passt irgendwie auch thematisch zur Drogenberatung, die
normalerweise allerdings eher mit den negativen Folgen von Sinneserweiterung
durch Drogen zu tun hat. Nun aber errichtet der Verein Drogenberatung in
Bielefeld einen Sinnespfad am Obersee. Am vergangenen Mittwoch wurden die
ersten Objekte vor Ort eröffnet.
Im Mittelpunkt des Projektes stehen die Beschäftigten.
Allesamt Menschen, die als Konsumenten von harten Drogen bei der Drogenberatung
schon mal Hilfe suchten. Im dem Projekt mit dem Namen »Erfahrungswerte«
arbeiten zwölf Langzeitarbeitslose, der größte Teil von ihnen wird zur Zeit
substituiert. Der geregelte Arbeitstag soll ihnen Struktur geben und sie sollen
eine gewisse Freude an der Arbeit entwickeln. Die 25 bis 55-jährigen sollen
schließlich in den ersten Arbeitsmarkt reintegriert werden. Ob das nach Ablauf
des Projektzeitraums im Juli 2007 gelingt, steht allerdings in den Sternen.
Auch Mohammed el Habib Ouali hat eine Drogenkarriere hinter
sich, die sein Leben fast zerstörte. Nun steht er neben Oberbürgermeister
Eberhard David und pflückt mit ihm gemeinsam das rote Tuch von der Infotafel,
die für künftige Nutzer den Sinnespfad erklärt. Er ist froh, dabei zu sein und
fasst neuen Mut: »Vielleicht kann ich nach diesem Projekt mein Studium
fortsetzen«. Hergestellt werden die Objekte für den Sinnespfad, der bei seiner
Fertigstellung bis zum Juli 2007 zehn Stationen umfassen soll, in einem
angemieteten ehemaligen Ladengeschäft in der Petristraße. Dort wird gebohrt und
gehämmert. Extra für das Projekt eingestellt wurde Gerald Hettmann, ein
Arbeitspädagoge. Er leitet die sechs Männer und Frauen an. Schließlich müssen
die Dinge tun, die ihnen vorher fremd waren: Wie macht man aus Baumstämmen ein
klingendes Holzxylophon? Die Experten von Marimba, einem Bielefelder
Geschäft, das Musikinstrumente baut, wurden hinzugezogen. Die Töne entstehen,
wenn die Stämme an einer Seite in unterschiedlichem Maße ausgesägt werden. Zwei
Teilnehmer durften sägen, sie haben jetzt auch einen Motorsägenschein. Weitere
Aufgaben warten: Wie bringt man einen riesigen Stein zum Summen?
Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds
Bei dem Projekt handelt es sich nicht um reguläre
Arbeitsplätze, sondern um Ein-Euro-Jobs. Das heißt, zu dem Arbeitslosengeld-II
kommt nur eine geringe Aufwandsentschädigung. So führt die Drogenberatung das
Projekt in Kooperation mit der Rege (Regionale
Personalentwicklungsgesellschaft) und Arbeitplus durch, die in Bielefeld für
ALG-II-Empfänger von Amts wegen zuständig sind. Die Mittel stammen vor allem
aus dem Europäischen Sozialfonds. »Man kann über Hartz IV unterschiedlicher
Meinung sein«, gesteht Michael Wiese, Geschäftsführer der Drogenberatung, zu.
»Aber wir können Maßnahmen akquirieren, die uns vorher nicht möglich gewesen
sind«, fügt er an. Seit einigen Jahren bietet die Drogenberatung immer mal
wieder Beschäftigungsprojekte an, angefangen mit einer Kooperation mit BAJ im
Jahr 1999. Damals schafften zehn von 20 Teilnehmern Berufsabschlüsse, eine gute
Quote.
Wanderführer in Planung
Die Projektteilnehmer arbeiten aber nicht nur an dem
Sinnespfad. Zeitgleich soll ein Wanderführer entstehen. Hier sind dann eher
redaktionelle Tätigkeiten gefragt. Mit dem sollen Interessierte sagenhafte und
mythische Orte rund um den Teutoburger Wald erlaufen können. Für die
Vermarktung des Sinnes- und des Wanderpfades will Bielefeld Marketing sorgen.
Die Drogenberatung hofft nun, dass das Projekt auch über Juli 2007 hinausgeht.
Schließlich muss der Sinnespfad auch gepflegt. Alles in allem ist Michael Wiese
zuversichtlich. Er hofft jetzt noch auf weitere Sponsoren: »Wir brauchen vor
allem die Materialien für den Sinnespfad billiger«. Oberbürgermeister Eberhard David jedenfalls hat sich schon als Fan
geoutet und das Holzxylonphon ausprobiert. Für ihn trägt das Projekt
zur Attraktivität des Obersees bei.
Die Bielefelder Drogenberatung im Netz: http://www.drogenberatung-bielefeld.de