Die aus Bielefeld stammende Schauspielerin Paula Kalenberg setzt sich für den Erhalt der Zufluchtstätte ein
Von Manfred Horn
Die Zufluchtstätte des Mädchenhauses Bielefeld bekommt keine
Landeszuschüsse mehr. Die Zufluchtstätte bietet Mädchen und jungen
Frauen zwischen 12 und 18 Jahren, die sich in einer Krise oder Notlage
befinden, eine vorübergehende Wohnmöglichkeit und Schutz vor Bedrohung
und Gewalt. Die Adresse der Zufluchtstätte ist daher anonym.
Bis 2005 erhielt die Zufluchtstätte jährlich 102.000 Euro vom Land,
diverse Sparorgien der rot-grünen Landesregierung überstand sie
unbeschadet. So wollte die damalige Landesregierung schon 2003 den
Landeszuschuss streichen, nahm dies aber schließlich zurück. Nun macht
die neue schwarz-gelbe Landesregierung ernst: Ab diesem Jahr gibt es
keine Landesmittel mehr. Die Folge: Von den drei Zufluchtsstätten die
es in NRW gab, haben zwei in den vergangenen Monaten bereits dicht
gemacht. In Duisburg und Düsseldorf standen größere Träger hinter den
Einrichtungen, die ohne Landesgeld keine Perspektive mehr gesehen
haben. Nur das Mädchenhaus Bielefeld als autonomer, gemeinnütziger
Verein kämpft um seine Zufluchtstätte.
Die Landesmittel machen rund ein Drittel des Etats aus, erläutert
Birgit Hoffmann Reuter, Geschäftsführerin des Mädchenhauses. Den
überwiegenden Teil der Einnahmen erzielt die Zufluchtstätte durch
Pflegesätze, die die Jugendämter für betreuten Mädchen überweist. Ohne
die Landesmittel aber fehlt nicht nur eine Menge Geld sondern auch
jegliche Planungssicherheit, denn die Zufluchtstätte weiß nie, wie
viele Plätze in einem Jahr auch tatsächlich belegt werden.
Mit einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne versucht das
Mädchenhaus nun die fehlenden 102.000 Euro zusammenzubekommen. In den
vergangenen vier Monaten sind so schon 27.000 Euro eingesammelt worden.
Die Spenden kommen von Bielefelder Bürgern. »Die Mitarbeiter der
Sparkasse haben zum Beispiel 5.000 Euro gespendet«, erläutert Jutta
Fechtelkord vom Vorstand des Mädchenhauses. Durch die Soziallotterie
der Sozial-Aktien-Gesellschaft können noch einmal bis zu 10.000 Euro
hinzukommen (WebWecker berichtet).
Unterstützt wird die Kampagne von Paula Kalenberg. Die Schauspielerin,
die in Bielefeld aufgewachsen ist und etwa im Spielfilm Die Wolke in
den Kinos zu sehen war, ist prominentes Zugpferd. Ansonsten versucht
das Mädchenhaus, den Menschen zu zeigen, dass auch kleine Beiträge
helfen können: »1.000 mal 100 Euro hört sich anders an als 10 mal
10.000 Euro«, sagt Fechtelkord.
Anonymität besonders wichtig
Zehn Plätze für Mädchen hält die Zufluchtstätte zur Zeit vor. Die
Mädchen sind dann zwischen zwei Tagen und drei Monaten im Haus. Den
Mädchen, die es zu Hause nicht mehr aushalten, wird aber nicht nur
Unterkunft gegeben, sondern auch umfassende Betreuung und Beratung.
Rund um die Uhr ist eine Mitarbeiterin für die Mädchen da. Zum Schluss
des Aufenthaltes steht die Perspektivklärung: Wie geht es weiter? Rund
die Hälfte der Mädchen entscheidet sich dafür, in die Familie
zurückzukehren.
Aus der Tradition der autonomen Frauenbewegung kommend, ergibt sich
ein besonderer Blickwinkel auf die Mädchen. So arbeiten in der Zuflucht
nur Mitarbeiterinnen. So haben die Mitarbeiterinnen einen spezifischen
Umgang mit Mädchen mit Migrationshintergrund, die rund der Hälfte der
Kurzzeit-Bewohnerinnen ausmachen, oder lesbischen Mädchen. Und die
Konzepte der Zufluchtstätte werden landesweit als besondere Kompetenz
wahrgenommen.
Damit ein Mädchen unterkommen kann, muss das Jugendamt sein
Einverständnis geben. »Das ist in Bielefeld aber unproblematisch«, sagt
Hoffmann Reuter. Aber schon im Umland gestaltet sich dies schwieriger:
Dort fehlt oft die Einsicht, dass es für Mädchen, die in der Krise
sind, besser ist, in einer reinen Mädcheneinrichtung betreut zu werden.
In vielen Gemeinden, werden diese Mädchen dann in
gemischtgeschlechtlichen Wohngruppen mit Krisenplätzen untergebracht.
Dort aber sei es schwierig, weil die Mädchen nicht unter
Gleichgesinnten seien, erklärt Hoffmann-Reuter. Auch ist keineswegs
gesagt, dass sie nicht auch mit männlichen Mitarbeitern konfrontiert
sind. Die Adressen der Wohngruppen sind dort auch nicht anonym. Im
Gegenteil, in diesen Häusern kann auch Besuch empfangen werden. Gerade
diese Anonymität sei aber wichtig, wenn die Mädchen Gewaltopfer sind,
fügt Hoffmann-Reuter an. Ein weiteres Beispiel für den Sinn einer
solchen Anonymität: Wenn Mädchen aus Migrantenfamilien von Zwangsheirat
bedroht sind.
Die Zufluchtstätte ist telefonisch erreichbar: Tel: 0521/ 21010
Weitere Informationen auf der Seite des Mädchenhauses: http://www.maedchenhaus-bielefeld.de/
Spenden für die Zufluchtstätte: Förderverein Mädchenhaus Bielefeld
e.V., Konto Nr. 47 00 32 15, Blz 480 501 61, Sparkasse Bielefeld