Feuer und Fladen für die Uni (09.08.2006)
In der Universität wurden in den vergangenen Wochen mehrere Brände gelegt. Außerdem wurde das Büro eines professoralen Senators mit Kuhfladen beschmiert. Der hatte in der Senatssitzung am 12. Juli für die Einführung von Studiengebühren plädiert. Die Unileitung stellt deshalb einen Zusammenhang zwischen den Anschlägen und der Senatsentscheidung für die Gebühren her. Studierendenvertreter wollen vor einer Schuldzuweisung an Gebührengegner Beweise sehen.
Von Mario A. Sarcletti
Seit der Senat der Universität Bielefeld sich am 12. Juli in einer chaotischen Sitzung (WebWecker berichtete) für die Einführung allgemeiner Studiengebühren entschied, brennt die Luft an der Uni. Und nicht nur die: Mehrmals wurden seither in Toiletten des Universitätsgebäudes Brände gelegt, auch in der Fahrstraße unterhalb der Uni brannte es. Die gute Nachricht: Die Feuerwehr konnte die Brände rasch löschen, Verletzte gab es nicht.
Die Unileitung stellt in einer Pressemitteilung einen Zusammenhang zwischen der Gebührenentscheidung und den Anschlägen her. Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) hingegen verwahrt sich gegen diesen Schluss, möchte erst Beweise sehen. Es habe in diesem Zusammenhang »für jede Personengruppe insbesondere für die Studierendenschaft die Unschuldsvermutung zu gelten«, heißt es in einer Stellungnahme.
Dass aber auch der AStA einen Zusammenhang zwischen den Anschlägen und der Entscheidung für Studiengebühren zumindest nicht für ausgeschlossen hält, legt die Tatsache nahe, dass er die Art und Weise, wie der Senatsbeschluss zustande kam, in der Stellungnahme für geeignet hält, »ein für Eskalation günstiges Klima« zu schaffen. »Die Diskussion um die Einführung von Studiengebühren hat exemplarisch gezeigt, dass große Kommunikationsdefizite zwischen Mitgliedern von Statusgruppen an der Universität vorliegen«, erklärt der AStA.
Aber nicht nur zwischen Studierenden und Professoren offenbaren sich in den letzten Wochen »Kommunikationsdefizite«. Das Forum auf der Homepage der Universität zum Thema »Studienbeiträge« entwickelte sich in den vergangenen Tagen zu einem Sandkasten, in dem Gebührengegner und vor allem ein dem rechten Spektrum zuzurechnender Student sich gegenseitig mit Förmchen bewerfen. Der Jungrechte schreibt von »linken Chaoten« und outete sich selbst als Autor der rechten Wochenzeitung »Junge Freiheit«, seine GegnerInnen machen sich über sein Faible für Internet-Partnerbörsen lustig.
Der AStA hat also wohl recht, wenn er von einem »traurigen Tiefpunkt des Miteinanders an der Universität Bielefeld« im Zusammenhang mit der Debatte um Studiengebühren spricht. Die Aussage bezieht sich auf ein Attentat mit Kuhfladen auf das Büro eines professoralen Gebührenbefürworters. Den Zutritt zu diesem Büro verschafften sich die Täter wohl mit einem Generalschlüssel, der einem Prodiac-Mitarbeiter bei Rangeleien während der Senatssitzung am 12. Juli abhanden kam. Das Rektorat hat deshalb Schadenersatzansprüche an das Wachunternehmen gestellt.
Wo der Generalschlüssel, der etwa 10.000 Türen in der Uni öffnet, heute ist, bleibt unklar. Ein Schreiben bei Indymedia behauptet, er sei bei einer weiteren Kuhfladen-Attacke auf das Haus eines anderen professoralen Senators zurückgegeben worden. Die Unileitung hingegen gibt an, dass der Schlüssel immer noch vermisst werde. »Es wurden bisher 500 Schlösser ausgetauscht, um sensible Bereiche zu sichern«, beschreibt Ingo Lohuis, Pressesprecher der Universität, die Folgen des Verlusts des Schlüssels. Wenn der nicht wieder auftaucht und ein Austausch aller betroffenen Schlösser erforderlich sein sollte, würde das knapp eine Million Euro kosten. Die Hochschulleitung hat inzwischen eine Belohnung von 6000 Euro für sachdienliche Hinweise ausgelobt.
Die Bielefelder Universität ist übrigens nicht die einzige Hochschule in Nordrhein-Westfalen, der die Entscheidung der Landesregierung, den Schwarzen Peter bei der Einführung der Studiengebühren auf die Hochschulen abzuwälzen, unruhige Tage beschert. An der Ruhr-Uni in Bochum gab es nach der Entscheidung für Studiengebühren eine Superkleber-Attacke auf Schlösser in der Hochschulverwaltung, in Münster gab es wie in Bielefeld mehrere Brandstiftungen. Dort ist allerdings noch keine Entscheidung für Studiengebühren gefallen.