Querstellen und dagegenhalten (16.08.2006)
»Für einen nationalen Sozialismus« wollen Neonazis am 16. September erst in Bielefeld und anschließend in Gütersloh und Minden demonstrieren. In allen drei Städten regt sich Widerstand, in Bielefeld wurden in der vergangenen Woche die Planungen dafür konkretisiert.
Von Mario A. Sarcletti
In ihrem Demonstrationsaufruf nehmen die Kameraden von den »Freien Nationalisten Gütersloh« und der »Nationalen Offensive Schaumburg« kein Blatt vor den Mund: »Für einen nationalen Sozialismus« wollen sie am 16. September in Bielefeld, Gütersloh und Minden demonstrieren. Die meist noch recht jungen Mitglieder scheinen sich zudem schon heute Sorge um ihre Rente machen, denn auch gegen »Sozialabbau und Rentenklau« wollen sie demonstrieren. Denn man müsse, so der Aufruf, davon ausgehen, dass es in zehn Jahren gar keine Rente mehr geben wird, »die diesen Namen verdient«.
Die Nazis glauben auch die Verantwortlichen dafür zu kennen, dass sich daran nichts ändere: »Schuld daran sind die Medien«, lautet die Analyse, »denn überall ist inzwischen zu lesen, wie die Wirtschaftliche Lage ist und wie die Aussichten für die Zukunft sind«, heißt die seltsame Begründung für diese These. Bei ihrem Aufmarsch wollen die Rechten nach eigenen Angaben zeigen, »warum es zwangsläufig zu diesen Zuständen kommen musste und das (sic!) wir eine Alternative zum herrschenden System haben«.
Um 10 Uhr wollen die Rechten sich am Hauptbahnhof versammeln und von da zum Arbeitsamt marschieren, für 13 Uhr haben sie Demonstrationen in Minden und Gütersloh angekündigt. Es ist allerdings nach den Erfahrungen etwa in Gütersloh im März fraglich, dass sie dann ihren Aufmarsch in Bielefeld beendet haben. Bei der ebenfalls von dem Verler Christian Menzer angemeldeten Demonstration mussten die Rechtsextremen ihren Aufmarsch nach der Hälfte der Strecke aufgrund von Blockaden abbrechen.
Und auch in Bielefeld müssen sie mit Widerstand gegen ihre Propaganda rechnen. Stadt, Gewerkschaftsbund und Evangelische Kirche rufen zu einer Demonstration unter dem Motto »Wir halten dagegen« auf. Bielefelderinnen und Bielefelder sollen dabei »gegen Rassismus und Demagogie in unserer Stadt« demonstrieren, wie es in einem in der vergangenen Woche beschlossenen Demonstrationsaufruf heißt. »Jeder von uns ist mitverantwortlich für das, was geschieht und für das, was unterbleibt«, so der Aufruf zum Protest gegen Rechts weiter. Als Redner bei der Abschlusskundgebung werden Oberbürgermeister Eberhard David, Superintendentin Regine Burg und Annelie Buntenbach vom DGB Bundesvorstand angekündigt. Die Demoteilnehmer sollen sich um 10 Uhr am Landgericht treffen, um 11 Uhr soll der Zug losgehen.
Für antifaschistische Initiativen scheint das aber ein bisschen spät zu sein, schließlich wollen die Nazis bereits um 10 Uhr am Hauptbahnhof losmarschieren. Die Initiativen haben deshalb bereits für 9 Uhr am Mahnmal vor dem Hauptbahnhof eine Demo unter dem Motto »Bielefeld stellt sich quer« angemeldet. Das sei aber kein Signal gegen die Demonstration von Stadt, DGB und Kirche. »Wir freuen uns über jeden Protest gegen die Rechten und jede und jeder soll entscheiden, welche Kundgebung ihm mehr entspricht«, betonte ein Vertreter der Antifa-West gegenüber dem WebWecker. Zudem haben die Initiativen auch Kundgebungen an den anderen Bielefelder Bahnhöfen angemeldet, um ein Ausweichen der Rechtsextremen auf diese wie bei dem Aufmarsch gegen die »Wehrmachtsausstellung« zu verhindern. Damals waren die vom Ostbahnhof aus durch den Bielefelder Osten marschiert.
Dass die Rechten sich ausgerechnet am Hauptbahnhof versammeln wollen, sorgt für Ärger bei den Antifaschisten. »Diese NS-Verherrlichung soll in Bielefeld ausgerechnet auf dem Bahnhofsvorplatz am Mahnmal für die über Bielefeld deportierten und ermordeten jüdischen Menschen stattfinden«, heißt es im Demo-Aufruf mit dem Titel »Bielefeld stellt sich quer«. Die Nazis knüpften mit ihrem Motto an die Sozialdemagogie der NSDAP an, kritisieren die antifaschistischen Initiativen weiter. Dass sie versuchen sich als soziale Kraft darzustellen, sei reine Demagogie, schließlich seien Menschen mit »sozial schwachem Status«, wie Obdachlose oder Flüchtlinge, die Opfer rechtsextremer Gewalt, stellen die Initiativen in ihrem Aufruf klar.
Für die Sicherheitsbehörden stellt die Wander-Demo in drei Städten eine besondere Herausforderung dar. Verschärft wird die dadurch, dass am 16. September in Bielefeld noch ein anderes Großereignis stattfindet: Um 15.30 Uhr gastiert der FC Bayern München bei Arminia Bielefeld. Außerdem wird an diesem Tag das Stadttheater wiedereröffnet, der Wunsch der Rechten, vor dem Rathaus eine Kundgebung durchzuführen, wird deshalb wohl nicht in Erfüllung gehen.