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Garden State



Von Harald Manninga

Andrew Largeman ist Schauspieler und lebt in L.A. Und das heißt bekanntlich im Grunde, dass er kellnert, um sich über Wasser zu halten. Er hat zwar schon in einer größeren TV-Produktion eine Hauptrolle gespielt, aber seitdem sind Angebote rar. Seit neun Jahren war er nicht mehr zu Hause in New Jersey (dem »Garden State« eben, nach der PR-Nomenklatur auf US-amerikanischen Autonummernschildern). Jetzt ist seine Mutter gestorben, und er muss zurück quer über den Kontinent, zur Beerdigung.


Schon auf dem Friedhof trifft einige seiner Freunde von früher wieder, die vom Totengraben leben und für die er so was wie ein Held ist: Der große Filmstar, ders geschafft hat. Während sie immer noch zwischen Teenageraufstand und erwachsenem Leben hin und hergerissen sind und sich mit kleineren und größeren Lebenslügen rum- und durchschlagen.


»Zu etwas gebracht« hat es keiner von ihnen. Andrew zwar auch nicht, aber dennoch ist er die halbe Zeit wie benommen von dem, was ihm geschieht, als er seiner Vergangenheit wiederbegegnet, von der er nichts mehr versteht und die er womöglich nie verstanden hat. Dann begegnet er aber auch »Sam« (gespielt von Natalie Portman, die »Padmé« aus den »Star Wars«, um nur ihre momentan bekannteste Rolle zu erwähnen), die er nicht von früher kennt. Sam ist völlig anders als alle andern in diesem Städtchen, verrückt, bunt, selbstbewusst, sensibel. Im Garten hinterm Haus haben sie und ihre Mutter einen eigenen Haustierfriedhof, auf dem schon ein gutes Dutzend Hamster und mindestens ebenso viele Fische begraben sind. Gar barfuß steppen kann sie. Und dann ist da noch Andrews Vater, ein Psychiater, der die Familie offenbar streng unter seiner Fuchtel hatte. Andrew hat es in neun Jahren und über eine Entfernung von 4.500 km zwischen sich und ihm nicht geschafft, sich seinem fatalen Einfluss zu entziehen.


Multitalent Zach Braff (Buch, Regie und Hauptrolle) erzählt in seinem ersten Film von Andrews Reise zu sich selbst. Klingt erstmal sehr bekannt bis fast langweilig, ist aber alles andere, denn Braff schafft es vor allem über die Figur der Sam, aus dem Themenkreis Bindung(sfähigkeit), zu Hause sein und nach Hause kommen und bei sich sein und zu sich kommen, eine ganz eigene und eigenwillige Poesie herauszukitzeln. Ein witziger, komischer, ruhiger, liebevoller Film voller guter Einfälle und mit mehr oder weniger skurrilen Charakteren, der die Grenze zum Rührselig-Kitschigen immer wieder haarscharf nicht berührt und unter anderem deswegen anrührt.