Webwecker Bielefeld: laborschule03

Erfolgreich laboriert (Kommentar)



Kommentar

Mehr Bildung, weniger Pisa


Der Spiegel titelte: »Der späte Triumph der Struwelpeter-Schule«, die Neue Westfälische schrieb: »Note Eins für die Laborschule«. Das ausgerechnet die Laborschule bei der Pisa-Erhebung besser abschnitt als viele andere Schulen in NRW, löste Erstaunen aus. Wer die Ergebnisse ließt, kommt jedoch zu einem differenzierteren Bild. Wichtig ist hier die Feststellung der Pisa-Studie, dass mit der Laborschule die Dichotomie zwischen Persönlichkeits- und Leistungsentwicklung überwunden sei. Anders ausgedrückt: Der Output an sinnvollem und auch sinnlosem Wissen, der für die weitere Lernbiographie formal so wichtig ist, ist am Ende der Laborschule nicht geringer als anderswo. Als Plus kann die Schule verbuchen, das mit einer zwangloseren Lernumgebung und einem mehr an der Individualität der SchülerInnen orientierten pädagogischen Konzept zu verbinden.

Gut sind die Pisa-Ergebnisse für den scheinbar endlos notwendigen Abwehrkampf der Reformschule gegen die unendlich zahlreichen Besser-Wisser: In diesem Sinn lassen sich die Ergebnisse politisch gebrauchen. Es war schließlich der Reformpädagoge und Laborschul-Gründer Hartmut von Hentig, der im Dezember 2001 schrieb: »Aus der Pisa-Studie nimmt sich ein jeder, was er zur Bestätigung seiner Überzeugungen braucht«. Jetzt fordert die PDS-Bielefeld, die Laborschule als allgemeines Schulsystem in Bielefeld einzuführen. Auch die NRW-Grünen dürften sich über das Ergebnis freuen, unterstützen sie doch seit langem diese Schulidee. Die zahlreichen Kritiker schweigen öffentlich und müssen sich erst neu munitionieren. Noch hat niemand öffentlich den Vorwurf erhoben, die Studie wäre unter nicht objektiven Bedingungen erhoben worden, weil der wissenschaftliche Leiter der Labor-Schule gleichzeitig Mitglied der Pisa-Kommission ist. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Auf die Idee, das eine schul- und gar länderübergreifende Vergleichsstudie zwar eine wissenschaftliche Möglichkeit ist, die aber wenig sinnvoll erscheint, weil die Unterschiedlichkeiten sich nicht adäquat erheben und bewerten lassen und sie politischer Funktionalisierung im Sinne einer Verschärfung von Leistungs- und Selektionsphantasien Tür und Tor öffnet, kommt jedoch kaum jemand. Alle erstarren vor Pisa als sei es das Schwert des Damokles. Statt über Pisa sollte endlich wieder mehr über Bildung geredet werden.