Der saubere Schill
KommentarSchill gab sich alle Mühe. Er redete unentwegt gegen das ohrenbetäubende Pfeifkonzert an. Er, der vom Mythos lebt, ein unbestechlicher Richter zu sein und es auch gerne geblieben wäre, wenn es nicht so viele Missstände in der Politik gebe, die er beheben müsse, verfügt dabei über ein doppeltes Gesicht: In Hamburgs Politik häufen sich die Klagen darüber, dass Schill äußerst vergnügungsfreudig und relativ wenig am politischen Alltagsgeschäft interessiert sei. Nach außen hin zeigt er sich aber als Retter des kleinen Mannes. Dass er, der den anderen Parteien vorwirft, sie würden nur leere Worthülsen produzieren, genau das selbe tut, scheint ihm nicht aufzufallen: Die Schill-Partei wird den kleinen Mann nicht retten. Seine populistisch verkündeten und rhetorisch nur mangelhaft verpackten Rezepte dafür sind simpel und kennen nur ein Thema: Innere Sicherheit. Ein Glück, dass dieses Thema in diesem Wahlkampf nicht im Vordergrund steht. Sonst hätte die Schill-Partei durchaus Chancen gehabt, wesentlich mehr positive öffentliche Resonanz zu bekommen.
Innere Sicherheit heißt für Schill Repressionspolitik gegen alle, die nicht normal sind. Dazu zählen aus seiner Sicht in erster Linie Flüchtlinge und Drogenkonsumenten. Schill will den Polizei- und Überwachungsstaat, Schill will Lager für Flüchtlinge, Schill will saubere Städte, in denen keine Punker und Obdachlose existieren. Kurz: All die Randexistenzen der Gesellschaft will er am liebsten abschaffen und eine heile, deutsche, ordentliche Welt etablieren. Diese Masche kommt an, auch wenn die Glaubwürdigkeit Schills inzwischen deutliche Risse bekommen hat. Sie trifft auf ein Klientel, dass genau von dieser deutschen Welt träumt: Es war eine Gemeinschaft von Gartenzwergbesitzern und harmlos dreinschauenden NPD-Anhängern, die Schill in Bielefeld zuhörten und ihm heftig applaudierten. Eine Gemeinschaft, die Angst machen kann.
Soeben ist im Konkret-Literatur-Verlag ein Buch über Ronald Schill erschienen:
M. Carini, A. Speit: Ronald Schill. Der Rechtssprecher. ISBN 3-89458-214-6, 15 Euro