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»Die Tour de France wird nicht umfallen« (Teil 2)



Was passiert mit der Tour de France?

Die Frankreich-Rundfahrt als eines der größten Sportereignisse der Welt mag durch den Skandal angeknockt sein, umfallen aber wird sie nicht. Dafür hat das Ereignis mit seiner langen Historie zu viel Substanz und ja auch schon viele Skandale erlebt und überstanden. Auch wenn die Tour natürlich stark von den Medien abhängig ist, insbesondere der Fernsehberichterstattung. Sicherlich fehlt Deutschland, das ja kein klassisches Radsportland ist, mit Jan Ullrich das große Zugpferd, um eine derart ausführliche Berichterstattung zu begründen. Die ARD sucht geradezu krampfhaft nach einem neuen Jan Ullrich, und meint ihn beispielsweise in Patrick Sinkewitz oder Markus Fothen gefunden zu haben. Doch auch wenn der Thronfolger ausbleibt, wird die Tour weiterhin genügend Fans in ihren Bann ziehen.


Sind die großen Medien Komplizen im Doping-Sumpf?

Manche Medien benehmen sich wie Wendehälse. Plötzlich berichten sie über Doping, was sie schon seit Jahren hätten machen können. Aber solange man keinen Hinweis darauf findet oder finden mochte, dass Jan Ullrich irgendwo verstrickt war, wurde kaum berichtet. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass die ARD jahrelang als Co-Sponsor des Team Telekom tätig war oder deren Radsportexperte Hagen Boßdorf die Biografie von Jan Ullrich verfasst hat, was er heute ja selbst als Fehler bezeichnet.


Laufen die Fahrer, die sich zu den Doping-Praktiken äußern, nun nicht mehr in Gefahr, von den Kollegen gemobbt zu werden?

Das wird sich nicht ändern. Was sich geändert hat, sind die Konsequenzen des Doping: Fahrer, die nun auffliegen, stehen oft am Karriereende. Durch die härteren Regelungen sind sie bis zu vier Jahren gesperrt, zumindest für die Protour. Falls Jan Ullrich das Doping nachgewiesen wird, ist seine Karriere vorbei. David Millar bekam zwei Jahre Sperre und fährt nun wieder. Er ist einer der letzten, der als Dopingsünder noch fahren kann. Millar hat sich in mehreren großen Interviews über seine Fehler als Doper geäußert. Er lässt mit sich über Doping sprechen, im Gegensatz zu den meisten anderen. Die haben nach wie vor Angst, vom Feld gemobbt zu werden.


Nun wird auch der Lokalmatador Jörg Ludewig mit Doping in Zusammenhang gebracht.

Dies ist eine unglückliche Geschichte, ein Indiz für die Eigendynamik der ganzen Dopingenthüllungen. Da taucht auf einmal ein acht Jahre altes Fax auf, das aber schon seit Jahren bei den Medien bekannt war. Jetzt wird es herausgekramt und der Name Jörg Ludewig steht im Raum. Wenn Jan Ullrich nicht hochgegangen wäre, dann würde dieses Fax wahrscheinlich immer noch in irgendeiner Redaktion verstauben.


Was halten Sie davon, Doping freizugeben? Wahrscheinlich sind alle Fahrer auch der diesjährigen Tour de France gedopt, von drei Kilo Nudeln kommt niemand die Alpen hoch.

Eine Freigabe finde ich wegen der schweren Gesundheitsschäden vieler Dopingsubstanzen schwierig, gerade wenn die Zukunft auch noch Gendoping heißt. Da wird der Mensch zu einer Art Sportroboter umgebaut. Auf jeden Fall muss man aber mit der Heuchelei aufhören. Zwar gehören nicht alle Produkte auf die Dopingliste. Eigenbluttransfusionen, die Ullrich in der Vergangenheit erhalten haben soll, würde ich beispielsweise aber nicht freigeben. Den selben Effekt kann man im Höhentrainingslager ohne gesundheitliche Risiken erreichen. Die Fahrer machen die Bluttransfusionen, um sich das Training in der Höhe zu sparen.


Wäre also ein neuer Katalog der Dopingmittel fällig?

Ein erster Schritt wäre, dass die Fahrer, die seit Jahren dopen, an die Öffentlichkeit gehen und sagen, was sie gemacht haben und warum. Wenn ein solcher Knalleffekt da ist, dann könnte man sich damit auseinandersetzen, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, dass es soweit gekommen ist. Und dann könnte man gucken, welche Art von medizinischer Betreuung diesem Sport angemessen ist.