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Pflichtfach Ideologie (31.05.2006)
_Betroffen von Repression: Tatsiana Khoma,
Vorstandsmitglied des ESIB (National Unions of Students in Europe), wurde naach nach den Protesten in Minsk zu zehn Tagen Gefängnis verurteilt.(Foto: ESIB)
Im März fanden in Weißrussland, auch Belarus genannt, so etwas wie Wahlen statt, mehr als 80 Prozent Zustimmung reklamierte Präsident Lukaschenko für sich. Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierten den Ablauf der Wahlen, Kandidaten der Opposition seien im Vorfeld massiv eingeschüchtert worden. Der »freie zusammenschluss der studentInnenschaften« (fzs), der Dachverband der deutschen Studierendenvertretungen, unterstützt seit Jahren die Bestrebungen ihrer belarussischen Kommilitonen nach einer unabhängigen Studierendenvertretung in der ehemaligen Sowjetrepublik. Am heutigen Mittwoch wird Regina Weber vom fzs im Rahmen des festivals contre le racisme an der Universität Bielefeld über die Situation in dem Land und die Lage der Studierenden berichten.
Mario A. Sarcletti
hat mit ihr gesprochen.
WebWecker:
Regina Weber, wie ist denn die Situation in Belarus nach den Wahlen?
Regina Weber:
Nach den Wahlen hat es einige Proteste und Widerstände gegen das Wahlergebnis aber vor allem auch gegen den quasi nicht stattgefundenen fairen Wahlkampf gegeben. An den Demonstrationen waren auch viele Studierende beteiligt, diese Studierenden haben jetzt und hatten auch im Vorfeld schon mit Restriktionen von Seiten der Hochschulen zu rechnen.
Restriktionen heißt ja wie im Fall von Tatsiana Khoma, die Vorstandsmitglied des europäischen Studierendendachverbandes ESIB ist, auch Exmatrikulation.
Ja, das heißt für einige Studierende auch Exmatrikulation. Das kann aber auch weiter gehen. Tatsiana Khoma ist auch aus ihrem Wohnheim geworfen worden und nur unter sehr schwierigen Bedingungen, wenn überhaupt, kann sie an einer anderen Uni weiter studieren. Die Aktivitäten während der Proteste können sich aber auch auf Prüfungsergebnisse oder auf das Verhältnis der Dozenten zu den Studierenden auswirken.
Wie ist denn die Situation an den Hochschulen des Landes?
Die Hochschulen in Belarus sind alle staatlich, das heißt sie sind auch durch das Regime, durch die Regierung Lukaschenko beeinflusst. Das wirkt sich auch auf die Dozenten oder Rektoren aus, die durch die Regierung bestellt werden.
Da sitzen also regimetreue Leute. Wie sieht das denn für die Studierenden aus? Werden die auch entsprechend indoktriniert?
Ja, die Studierenden werden in der Hochschule indoktriniert. Vor einigen Jahren hat die Regierung ein verpflichtendes Fach für alle Studierenden an den Hochschulen wieder eingeführt, in dem die Ideologie des weißrussischen Staates gelehrt wird. Das heißt der Staat und seine Ideologie sind da auch wieder präsent.
Gibt es unter solchen Bedingungen so etwas wie eine Studierendenvertretung?
Es gab einige Zeit eine unabhängige Studierendenvertretung, die eben nicht staatlich oder staatlich beeinflusst war. Die hat sich in einigen Punkten gegen das Regime zur Wehr gesetzt und ist infolge dessen verboten worden.
Kommen wir zurück zu Tatsiana Khoma. Habt ihr Kontakt zu ihr?
Während sie im Gefängnis war, war uns eine Kontaktaufnahme nicht möglich, mittlerweile ist sie aber entlassen und wir haben wieder Kontakt zu ihr.
Kann sie denn ausreisen?
Das hängt natürlich immer von den Ländern ab, in die sie einreisen will. Die Hochschulen sind sehr restriktiv und sie müssen in Belarus erlauben, dass Studierende ausreisen. Da sie aber momentan nicht mehr eingeschrieben ist, hat sie dieses Problem zur Zeit nicht mehr.
Das heißt ja ganz konkret: Wenn ich im Sommer meinen Urlaub im Ausland verbringen möchte, müsste ich Rektor Timmermann um Erlaubnis fragen.
Das heißt es mehr oder weniger.
Pflichtfach Ideologie (Teil 2)
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