Volksbegehren ohne Konsequenzen (24.05.2006)
Über 300.000 Unterschriften hat die Volksinitiative Jugend braucht Vertrauen in ganz NRW gesammelt, um die Landesregierung aufzufordern, die geplanten Kürzungen im Jugendbereich zurückzunehmen. Noch sind nicht alle Unterschriften geprüft, am Ende könnten es leicht 500.000 Unterschriften sein. In Bielefeld sind bisher knapp 6.000 Unterschriften registiert. Die Landesregierung scheint davon wenig beeindruckt: Am vergangenen Mittwoch wurde der Haushaltsplan 2006 mit den Stimmen von CDU und FDP verabschiedet.
»Sie kürzen drastisch bei den Kindergärten. Sie kürzen bei der Familienberatung. Aber an anderer Stelle legen sie mehr drauf - Beispiel Landwirtschaftskammer«, empörte sich Hannelore Kraft (SPD) bei der abschließenden Haushaltsberatung im Düsseldorfer Landtag. Die Grünen-Fraktion kritisierte den geplanten Haushalt als »unseriös, ungerecht und zukunftsfeindlich«. Die schwarz-gelbe Landesregierung bleibt dabei, die Förderhöhe von ehemals 96 Millionen Euro für Kinder- und Jugendarbeit auf 75 Millionen Euro zu kürzen. Betroffen sind davon alle außerschulischen Angebote für Kinder und Jugendliche im Land. Gerhard Papke, Vorsitzender FDP-Landtagsfraktion, sprach gar von einem »guten Haushalt«. Der Spagat zwischen der notwendigen Konsolidierung der Landesfinanzen auf der einen Seite und der Bildung neuer politischer Schwerpunkte auf der anderen Seite sei gut gelungen. Die Koalition in NRW habe dagegen trotz der von Rot-Grün zerrütteten Landesfinanzen klare Schwerpunkte gesetzt: für Bildung und Innovation, für Familien, Kinder und Jugendliche. Ministerpräsiden Jürgen Rüttgers (CDU) betonte, man wolle einen verfassungskonformen Haushalt bis 2010: »Das ist eine Riesenaufgabe«.
Die Initiatoren der Volksinitiative übergaben vor der abschließenden Haushaltsberatung die Unterschriftenlisten an Jugendminister Armin Laschet (CDU). Die für eine Volksinitiative notwendigen Stimmen, rund 66.000, hat das Bündnis aus Trägern der freien Wohlfahrtspflege wie dem Paritätischen und weiteren Initiatoren wie die Landesvereinigung Kulturelle Jugendarbeit Nordrhein-Westfalen und den Falken locker geschafft. Dass die Landesregierung sich davon ziemlich unbeeindruckt zeigt, offenbart zugleich die Schwäche des Instruments: Volksbegehren sind keine Bürgerbegehren. In NRW sind sie zwar ein offizielles Instrument der Bürgerbeteiligung. Einzige Folge ist jedoch, dass der Landtag sich mit den Forderungen beschäftigten muss, wenn die notwendige Stimmenzahl, 0,5 Prozent der deutschen Stimmberechtigten, zusammen kommt. »Natürlich sind wir maßlos enttäuscht. Wir fragen uns schon, welchen Sinn demokratische Instrumente wie Volksinitiativen tatsächlich haben, wenn wir sehen, dass Entscheidungen gefällt werden, ohne im Mindesten das Votum der Bevölkerung zu beachten«, bewertet Martin Wonik, Sprecher des Initiatorenkreises der Volksinitiative, in einer ersten Stellungnahme die Entscheidung.