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»Darf ich den Knopf drücken?« (Teil 2)
Schlüssel zum Leben in der Gesellschaft: Kritisch lesen können
Weizenbaum kann kritisch lesen, sagt er. Und wechselt ins Englische. Dort gebe es »hearing« für hören und »listening« für zuhören. Zwei Worte, die einen großen Unterschied machten und sich gar nicht wirklich ins Deutsche übersetzen ließen. »Die Frau dem Mann etwas erzählt und fragt: Hörst Du mir eigentlich zu. Der sagt ja und beginnt, um den Beweis zu führen damit, die Aussage der Frau zu wiederholen«, erzählt Weizenbaum, »das ist dann hören, aber keineswegs zuhören«. Die Menschen bräuchten die Kompetenz, Dinge bewusst und kritisch aufzunehmen.
Vom Leben als Großem springt Weizenbaum dann in die Schule. Deren höchster Auftrag solle es sein, die Sprache zu vermitteln, damit sich die Schüler artikulieren können. In Deutschland hieße das eben, deutsch zu lehren. Weizenbaum ist auch ein bißchen eitel. »Wenn ich in Berlin Taxi fahre, dann spreche ich mit dem Taxifahrer. Und zwar nicht über das Wetter. Am Ziel stellt der dann sogar den Motor ab, um noch zehn Minuten mit mir weiter zu sprechen«. Und das alles nur, weil Weizenbaum nicht nur lesen, sondern auch sprechen kann.
Die Schule also soll nicht Computer in die Flure stellen, sondern lesen und sprechen vermitteln. Neben Deutsch aber kennt Weizenbaum noch andere Sprachen. So sei die Sprache der Physik die Mathematik. »Die Schüler sollen lernen, Signale und Zeichen, die uns überfluten, zu interpretieren«. Denn alles seien Zeichen. Die Menschen nähmen Signale auf, daraus entstünden dann Texte und Informationen. Auch Weizenbaum kennt die Zeichen der Zeit und nennt folgendes Beispiel: »Der Ball fällt zu Boden«. Durch die Interpretation der Zeichen entstünde Information. Ohne Zeichenkenntnis, ohne das Verständnis für das Symbol, passiert aber gar nichts. »Man kann nicht mehr wissen, wenn man überhaupt nichts weiß«. Ein typisch Weizenbaumscher Satz.
Der Geheimagent aus Moskau
Weizenbaum berichtet von einer Begegnung in New York. Jemand tippt ihn an und fragt: »Sind Sie Jude?«. Weizenbaum bejaht. Dann fragt der fremde Mann: »Wie spät ist es?« Weizenbaum blickt auf die Uhr und antwortet wahrheitsgemäß: »Drei Uhr«. Der fremde Mann entfernt sich, ohne auch nur noch ein Wort zu sagen. Welche Information lässt sich hier aber gewinnen? Weizenbaum muss spekulieren und kommt auf einen russischen Agenten, die Begegnung hat sich noch vor dem Ende der Sowjetunion abgespielt. Der sei nach New York geschickt worden mit klaren Instruktionen. An einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit habe er Kontakt aufnehmen sollen. Hätte Weizenbaum nicht die wirkliche Zeit, sondern zum Beispiel »4:53 Uhr« geantwortet, hätte der Spion seinen Kontakmann erkannt. Weizenbaum war es offenbar nicht.
»Interpretationen lernen wir auch von den Medien«, betont Weizenbaum. Auch seine kleine Anekdote aus den Straßenschluchten von New York speist sich aus medialen Bildern, wie Spione arbeiten. »Wir bekommen Zeichen und kriegen die Interpretation gleich mitgeliefert«. Das passt Weizenbaum überhaupt nicht. Die Menschen in der ehemaligen DDR wären da weiter gewesen. Zeitungleser dort wussten, dass das Spannende zwischen den Zeilen steht. »Ein Vorteil, der allerdings ein bißchen zu teuer erworben wurde«. Verstehen, meint er schließlich, sei die Fähigkeit, intelligent zu interpretieren.
»Wir haben einen großen Fehler gemacht zu Beginn der Computerentwicklung«, sagt Weizenbaum, »Wir haben die Computer Information Processing Machine genannt«. Doch in der Maschine sei keine Information. Vielmehr sei ein Computer eine »Signalverarbeitungsmaschine«. Wenn Computer laufen könnten, würde niemand sehen, was der Computer gerade rechne.
»Darf ich den Knopf drücken?« (Teil 3)
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