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Der Kopfball ist drin (Teil 2)





Durch die Blume: Die Reporterin greift zu floristischen Hilfsmitteln

Wunderbar auch die Kommentare zum Spiel von Christina Huckle und Ulrike Müller. Die eine im präzisen, langgezogenen Duktus eines hirnreduzierten öffentlich-rechtlichen Reporters, die andere trocken diagnostizierend, deswegen aber nicht weniger sinnlos. Denn das schöne an den Kommentaren ist, dass sie mitten aus der Welt kommen. Es gibt wohl nicht viele Menschen, die innerhalb von 90 Minuten mehr Stuss erzählen als Fußballreporter, bei denen Spieler »unnervös« sind und 75 und 15 Prozent zusammen 100 Prozent ergeben.

Herrlich anzusehen auch, als endlich ein Tor für Deutschland fällt. Die Kneipenindividuen fallen sich in die Arme und über sich her. Selbst Obernervensäge John Wesley Zielmann – alle Schauspieler behalten ihre echten Namen in dem Stück – gezeichnet vom Alkohol- und Tablettenrausch, ist, wird berührt. Ein katharsischer Moment. Die affektive Erschütterung löst Zungen und Hosengürtel: Einer geht noch rein.

Das ist ziemlich ordinär, aber eben auch Fußball. Ein Endspiel ist wie ein Erdbeben, und auch der Moment, wo der Sex ins Spiel kommt. Was Christina Huckle, sich elegant paarend und mit einem Bein schwingend, aber nicht daran hindert, das Gekicke weiter zu kommentieren. Die Inszenierung zeigt, wer »wir« sind, oder zumindest sein könnten: Eine liebenswerte Ansammlung von ziemlich Bekloppten. Nichts, was die nächste »Reform« überstehen würde, aber immerhin ein Fußball-Spiel. In dem ganzen Getöse um die Fußball-WM ist dieses Stück Kneipe eine echte Perle, auch für diejenigen, die mit Fußball nichts anfangen können. Vielleicht sollten diese Fußballverweigerer schon mal mit dem Besuch dieses Theaterstückes die kontrollierte Öffnung hin zu diesem Rasensport üben. Denn nach dem 9. Juni gibt es eh kein Entkommen mehr.