Statt Anteilnahme und Verbundenheit mit den Opfern eine wissenschaftlich verbrämte Verhöhnung der Opfer. Nicht die Radioaktivität, die als radioaktive Wolke die Menschen von außen kontaminierte und die radioaktive verseuchte Nahrung stellen die Ursachen der vielfältigen Krankheiten dar, sondern psychische Probleme und Armut.
Wie kann es sein, dass die IAEO, die 2005 den Friedensnobelpreis erhielt, also offensichtlich eine angesehene, seriöse Organisation, wie kann diese Organisation bei einer atomaren Explosion entsprechend der Stärke von 1000 Hiroshima-Bomben von nur 50 Todesopfern und 4.000 zu erwartenden Toten sprechen? Es ist an der Zeit,die Politik der IAEO in Bezug auf die wissenschaftliche Untersuchung der Tschernobylfolgen und der dahinter stehenden Ziele kritisch zu analysieren.
Vor 20 Jahren hatten viele gehofft, dass nach dieser großen Katastrophe sowohl die Energiekonzerne und als auch die Politik umsteigen würden. Atomausstieg und Energiewende waren die Schlagworte, in welchen sich diese Hoffnungen kristallisierten. Bis heute waren jedoch weder Politik noch die Energiekonzerne bereit, diese Hoffnungen der Bevölkerung einzulösen.Und das obwohl seit 1986 in Umfragen beständig Zweidrittel der Bevölkerung den Atomausstieg befürworten.
Betriebsvereinbarung statt AtomausstiegAuch der Atomkonsens, der im Jahr 2000 zwischen der rot-grünen Bundesregierung und den Energiekonzernen vereinbart wurde, ist entgegen den damaligen Regierungsverlautbarungen kein Ausstieg. Das geht aus den Äußerungen der Atomindustrie klar hervor: Im Umweltbericht 2000 des Atomkraftwerksbetreibers RWE wird zum Ergebnis der sogenannten Konsensverhandlungen treffend vermerkt: »Mit dem erzielten Konsens zwischen Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen sind Rahmenbedingungen geschaffen worden, die den Betrieb der Kernkraftwerke zukünftig ohne politisch motivierte Störungen ermöglichen«. Otto Majewski, Spitzenmanager der Atomindustrie, merkte süffisant an, die Grünen seien dem »drolligen Missverständnis« erlegen, dass der Atomkonsens eine Ausstiegsvereinbarung sei. Geregelt werde in dem Abkommen indes der »reibungslose Betrieb der bestehenden Atomkraftwerke«.
Ein Blick auf die Bilanzen zweier ausgewählter Energiekonzerne zeigt, wer die Gewinner sind: 2005 stieg der Nettogewinn des Atomkonzerns RWE um 4,4 Prozent auf 2,23 Milliarden Euro. RWE-Chef Harry Roels kündigte an, alle »gesetzlich abgesicherten« Möglichkeiten zur Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerksblöcke Biblis A und B in Anspruch nehmen zu wollen. (4) Und Deutschlands größter Energieversorger und Atomkraftwerksbetreiber E.ON fuhr 7,3 Milliarden Euro Gewinn ein. Etwa 71 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (5).
Sie reden vom Klimaschutz, wenn es um die Durchsetzung neuer Atomkraftwerke in Finnland, Frankreich oder anderswo geht, nicht jedoch, wenn sie in Deutschland 24 neue fossile Großkraftwerke planen. Wer auf diese Weise beliebig mit den Maßstäben der Energiepolitik spielt und die Öffentlichkeit über seine tatsächlichen Motive täuscht, kann kein ernsthafter Diskussionspartner sein.
Und eine andere Entwicklung, die mit der Energie und Energiesicherheit zu tun hat, macht vielen Menschen zunehmend Angst: die beiden Kriege gegen den Irak, die das Ziel hatten, die Ressource Öl für die westliche Führungsmacht USA zu sichern. Das Rocky Mountain Institut errechnete für das Jahr 2000, also vor dem Krieg gegen Afghanistan und gegen den Irak, eine interessante Zahl bezüglich der militärischen Präsenz der USA zur Sicherung des Öls. Schon damals wurde pro Fass Öl 67 Dollar an Schutzgeld, also an militärischen Kosten, ausgegeben.