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Miteinander auf gleicher Augenhöhe (12.04.2006)



Am 4. April 2006 fand im Internationalen Begegnungszentrum (IBZ) an der Teutoburger Straße anlässlich des 25-jährigen Jubiläums eine Veranstaltung mit dem Thema »Integration und Ausgrenzung von MigrantInnen und Flüchtlingen« statt.

Bei der Veranstaltung diskutierten 65 VertreterInnen von MigrantInnen- Selbstorganisationen und antirassistischen Initiativen gemeinsam mit dem Publikum über den Stand der Integration. Beteiligt waren unter anderem der Tamilische Kultur- und Bildungsverein, das Anatolienzentrum, die Nigerianische Studentenunion, die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen und der Bielefelder Flüchtlingsrat.

Während der Diskussion wurde immer wieder deutlich, dass aus Sicht vieler MigrantInnen der Begriff »Integration« inzwischen ein Reizwort ist, weil er von Ihnen einseitige Anpassungsleistungen erwartet, sie gleichzeitig aber in ihrem Alltag aber auf verschiedenen Ebenen ausgegrenzt würden. Flüchtlinge und Migranten wünschen sich, mehr nach ihrer Meinung und Lebenssituation gefragt zu werden, damit damit der Prozess des Miteinanderlebens eine gemeinsame Angelegenheit auf gleicher Augenhöhe wird.

Ein Beispiel der jahrelang praktizierten Ausgrenzung ist die Situation langjährig geduldeter Flüchtlinge. Genauso wie viele der libanesischen Familien in Berlin, die durch die Debatte um die Rütlischule traurige Berühmtheit erhalten haben, leben auch in Bielefeld viele Flüchtlinge seit über zehn Jahren mit einer Duldung. Diese sogenannte »Aussetzung der Abschiebung« verweigert ihnen beispielsweise das Recht auf Arbeit. Kinder hatten bis zu diesem Jahr keine Schulpflicht, sondern lediglich Schulrecht. Sie erhalten keine Förderung eines Sprachkurses, unterliegen der Residenzpflicht und leben in ständiger Angst vor Abschiebung. Auch Menschen, die lange Zeit mit einer Aufenthaltsgestattung im Asylverfahren sind, sind ähnlichen Bedingungen ausgesetzt.

Immer wieder machten die VertreterInnen der MigrantInnen-Selbstorganisationen deutlich, dass sie die ausländerrechtlichen Bestimmungen als ausgrenzend erleben und Papiere wichtiger zu sein scheinen als der Mensch. Selbst viele Jugendliche der zweiten Generation, die erlebt haben, wie wenig die Realitäten ihrer Familie ernstgenommen werden, beschreiben ein Gefühl der Perspektivlosigkeit und des Isoliertseins.

Der Erwerb der deutschen Sprache als gemeinsames Kommunikationsmittel wurde von allen VertreterInnen als sehr hoch eingeschätzt. Diese Forderung dürfe aber nicht zu einer Integrationsdrohung werden. Gleichzeitig gehört dazu die eindeutige Forderung nach kostenlosen Sprachkursen für alle, unabhängig vom Aufenthaltsrecht.

Gleichzeitig wurde das dreigliedrige Schulsystem kritisiert, das Kinder zu früh auseinandersortiert und die Forderung gestellt Kinder schon im Kindergarten in ihrer sprachlichen Entwicklung zu fördern.

Verbreitet sind auch rassistische und diskriminierende Bemerkungen. Dazu gehöre auch einen einseitige Berichterstattung in den Medien, die über MigrantInnen und Flüchtlinge vor allem dann berichte, wenn es Schlägereien gab. Die positiven Impulse und Initiativen, die von Menschen mit Migrationshintergrund ausgehen, erhielten hingegen wenig Beachtung.

In diesem Zusammenhang ermutigten sich die PodiumsteilnehmerInnen und das Publikum gegenseitig, sich selbst mehr zu Wort zu melden. Immer wieder wurde auch erwähnt, welche Bedeutung dabei auch ein Zentrum wie das IBZ hat, in dem MigrantInnen, Flüchtlinge und Deutsche zusammenkommen, sich austauschen und gemeinsam Perspektiven entwickeln können.