Webwecker Bielefeld: staatsschutz

Zunahme bei politisch motivierten Straftaten (29.3.2006)





Vermehrt rechtsextreme Straftaten: Dirk Butenuth (Staatsschutz Bielefeld) und Erwin Südfeld (Polizeipräsident Bielefeld) stellen den Staatsschutzbereicht 2005 vor



Die Zahl der politisch motivierten Straftaten in Ostwestfalen hat 2005 um 14,5 Prozent zugenommen. Das erklärte am vergangenen Donnerstag der Bielefelder Polizeipräsident Erwin Südfeld bei der Vorstellung des Staatschutzberichts 2005. Er betonte aber, dass die absoluten Fallzahlen relativ klein sind. Die Mehrzahl der Delikte wurden von Rechten begangen.


Von Mario A. Sarcletti

»Der Anstieg bei politisch motivierter Kriminalität »rechts« liegt unter dem Landestrend«, verkündete Erwin Südfeld am vergangenen Donnerstag bei der Vorstellung des Staatsschutzberichts 2005 eine leider nur bedingt gute Nachricht. Denn dass Ostwestfalen-Lippe einen geringeren Anstieg rechtsextremer Straftaten aufweist als das Land, liegt daran, dass der NRW-weit sehr hoch ist. Um 16,7 Prozent stieg die Zahl im Land auf 2.545, OWL verzeichnete »nur« eine Zunahme um 9,1 Prozent. 203 Straftaten mit rechtem Hintergrund wurden hier 2005 begangen, darunter elf Gewaltdelikte.

»Die ganz überwiegende Zahl der Delikte waren Propagandadelikte«, stellte Erwin Südfeld klar. Für den Leiter der Staatsschutzabteilung beim Polizeipräsidium Bielefeld, Dirk Butenuth, ist zudem nicht jedes Propagandadelikt unbedingt Rechtsextremen zuzuordnen. »Nicht jeder, der ein Hakenkreuz schmiert, ist ein Rechtsextremer. Das können auch Schüler sein oder Leute, die nicht wissen, was das bedeutet«, erklärte er bei der Pressekonferenz.

Sehr unterschiedlich fällt die Bilanz für die verschiedenen Polizeipräsidien aus. Während rechte Straftaten in Bielefeld um ein Drittel zurückgingen, stiegen sie in Lippe um 62,5 Prozent und im Kreis Minden-Lübbecke gar um 70,8 Prozent an, weshalb Dirk Butenuth von einem drastischen Anstieg spricht. Der Kreis Gütersloh verzeichnete immerhin eine Zunahme um ein Drittel. Zu den Straftaten dort gehört auch eine Minidemo von einem Dutzend Kameraden im vergangenen Sommer. Auf der Pressekonferenz war natürlich auch die für den vergangenen Samstag angemeldete Demo dieser Kameradschaft ein Thema. 15-20 Personen würden dazugehören, sagte Dirk Butenuth. »Der Verfassungsschutz sieht dort eine kameradschaftsähnliche Struktur«, beschrieb er die Erkenntnisse. Der Kopf der Kameradschaft, der Verler Christian Menzer, sei »sehr rege und will da was auf die Beine stellen«, erklärte Dirk Butenuth.

Z-Versand und Collegium Humanum als Zentren

Als zwei Zentren rechtsextremer Aktivitäten nennt der Staatsschutzbericht den Gütersloher Z-Versand von Meinolf Schönborn in Herzebrock-Clarholz und das Collegium Humanum in Vlotho. Schönborn verschicke Flugblätter der so genannten »Reichsbürgerbewegung zur Befreiung Deutschlands«. Diese »Reichsbürger« wiederum treffen sich immer wieder in Vlotho, wo auch der Sitz des »Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten« ist.

Bei den Versammlungen des Vereins wird regelmäßig die Shoah geleugnet. »Da dies hinter vier Wänden passiert, ist das nicht strafbar«, erklärte Butenuth jedoch, fügte aber hinzu: »Wir würden das schon gerne verfolgen«. Die Einladungen zu den Versammlungen ergingen nur an einen ausgewählten Personenkreis. Eine Einladung über das Internet, die Antifaschisten wahrgenommen haben, habe er noch nicht gesehen. »Von der Zeitschrift des Collegium, »Stimme des Gewissens« wird aber jede Ausgabe von der Staatsanwaltschaft überprüft«, stellte Butenuth klar.