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»Gegen das Vergessen« (15.03.2006)






Am Freitag, 31. März, kommen Ester und Edna Bejarano mit der Gruppe Coincidence in den Historischen Saal der Volkshochschule. Im Kontext des Konzertes finden weitere Veranstaltungen »gegen das Vergessen« statt.

Esther Bejarano, Tochter einer jüdischen Familie aus Saarbrücken, überlebte das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, weil es ihr gelang, als Akkordeonspielerin dem sogenannten »Mädchenorchester von Auschwitz« zugeordnet zu werden. Das Orchester war gezwungen, zum täglichen Marsch der Arbeitskolonnen durch das Lagertor aufzuspielen.

Im Oktober 1943 wurde Esther Bejarano in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück gebacht und erlebte auf einem der Todesmärsche in Richtung Westen die Befreiung durch die amerikanische Armee.

Nach ihrer Flucht nach Palästina im April 1945 war sie als Sängerin und Musiklehrerin aktiv. Von Israel kehrte Esther Bejarano 1960 in die BRD zurück. Zusammen mit ihrer Tochter Edna und ihrem Sohn Joram gründete sie Anfang der 80er Jahre die Gruppe ›Coincidence‹.

Esther Bejarano ist Mitglied der Lagergemeinschaft Ravensbrück und Mitbegründerin und vorsitzende des Auschitzkommitees. Sie engagiert sich unermüdlich für antifaschistischen Widerstand und gegen Rechtsextremismus.

Auf dem Programm von ›Coincidence‹ stehen vor allem jiddische Lieder aus den Ghettos und der Diaspora. Esther Bejarano singt mit der Aussagekraft ihrer Erfahrungen überwiegend jiddische und hebräische Lieder. Im deutschsprachigen Bereich interpretiert sie Stücke von Brecht, Eisler und Tucholsky. Ihre Tochter Edna begann ihre musikalische Entwicklung mit populärer Musik und entwickelte sich zu einer bekannten Jazz- und Folklore-Interpretin. Esther und Edna Bejarano singen in neun Sprachen, darunter Griechisch, Türkisch, Ladino und Romanes.
Zur Gruppe "Coincidence" gehören desweiteren Joram Bejarano am Bass, Clemens Völker an der Gitarre und Wilfried Soltau am Cello, die Gruppe verfügt über ein vielseitges internationales Programm.


Sex-Gewalt durch deutsche Männer

Weitere Veranstaltungen sind in Kooperation mit anderen Initiativen von der Frauenprojektgruppe Ravensbrück vorbereitet worden. So spricht am Donnerstag, 23. März, Regina Mühlhäuser, Mitarbeiterin des Hamburger Instituts für Sozialforschung, über »Sexinbesitznehmende Gewalt« durch Angehörige von Wehrmacht, SS und Polizei. Vergewaltigung und Versklavung wird von der gemeinen Geschichtsschreibung auf Seiten der Roten Armee und inzwischen auch bei der japanischen Armee festgemacht. Doch der Vortrag konzentriert sich auf die deutschen Männer, sei es in der Heimat, an der Front oder als SS-Männer im Konzentrationslager.

Methodisch führt Regina Mühlhäuser in das Konzept »sexinbesitznehmende Gewalt« in Abgrenzung von den Begriffen sexuelle und sexualisierte Gewalt ein. In den vergangenen zwanzig Jahren haben Feministinnen herausgearbeitet, dass es im Zusammenhang mit Vergewaltigungen in Kriegs- und Krisengebieten um viel mehr geht als um die Unterwerfung und Inbesitznahme eines anderen Körpers: um die Unterwerfung und Inbesitznahme der Gegnerinnen und Gegner insgesamt, ihres Territoriums, ihres Besitzes, ihrer Kultur. Es geht aber immer auch um die sexuelle Unterwerfung und Inbesitznahme des einzelnen, physisch und psychisch verfassten Körpers.

Am Mittwoch, 29. März, geht es im IBZ dann um eine Allee für die Opfer von Sobibor. Von Mai 1942 bis zum Oktober 1943 wurden in Sobibor direkt nach ihrer Ankunft 250.000 Menschen ermordet. Die Opfer waren vor allem polnische Juden und Jüdinnen.

Im Jahr 2003, zum 60.Jahrestag des Häftlingsaufstandes im Lager, wurde eine Gedenkallee für die Opfer eingeweiht, initiiert unter anderem vom Bildungswerk Stanislaw Hantz und der Stichting Sobibor /NL. Die Gedenkallee verläuft entlang des letzen Weges der Opfer, von der Rampe bis zur Gaskammer. Die Bielefelder ›Initiative gegen Ausgrenzung‹ ist aktiv daran beteiligt. Sie wird die Arbeit vor Ort darstellen (WebWecker berichtete).