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Dissensgespräche an der Uni (Teil 2)



Dass war’s dann aber auch schon mit dem Konsens zwischen Rektorat und den Studierendenvertretern, inhaltlich sind die Positionen noch Lichtjahre voneinander entfernt. Während das Rektorat glaubt, dass die Bedingungen, die der Senat im Dezember 2004 für die Einführung von Studiengebühren gestellt hat, erfüllt sind, sehen das die studentischen Senatoren gänzlich anders. Zum einen hatte der Senat damals eine Garantie dafür gefordert, dass nach Einführung der Studiengebühren die Landesmittel für die Hochschulen nicht gekürzt werden. Das Rektorat glaubt daran. »Der Ministerpräsident des Landes hat den Rektoren und Kanzlern der Hochschulen versichert, dass der Qualitätspakt bis 2010 verlängert wird«, erklärt Timmermann das neue Vertrauen in die Landespolitik. Der Pakt war 2000 geschlossen worden und schloss einen Stellenabbau bis 2010 und Kürzungen bis 2004 aus. Noch unter rot-grün war dieses Versprechen bis 2006 verlängert worden.


Weitere Kürzungen befürchtet

Den Studierendenvertretern fehlt dieses Vertrauen allerdings. »Allein zu glauben, dass es bis 2010 keine Kürzungen im Hochschulbereich gibt, halte ich für naiv«, sagte Ingo Bowitz und verwies auf die aktuelle Kürzung der Zuschüsse für die Studentenwerke um zwanzig Prozent. Das Land habe schließlich einen rigiden Sparkurs angekündigt. »Ich glaube nicht, dass sie das politisch durchhalten würden, bei den Hochschulen nicht zu kürzen«, vermutet Bowitz. Dass nach 2010 die Landesmittel für die Hochschulen gekürzt werden, will auch Dieter Timmermann nicht ausschließen. Auch der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz äußerte am 9. Februar gegenüber der taz seine Befürchtung, »dass langfristig die Landeszuschüsse sinken werden«.

Dissens herrscht auch bezüglich der zweiten Bedingung des Senatsbeschlusses von 2004. Der hatte, wie auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zu Studiengebühren, die »Sozialverträglichkeit« von Studiengebühren gefordert. Stipendien- und Darlehenssysteme müssten sicherstellen, dass Kinder aus finanzschwächeren Familien nicht von einem Studium ausgeschlossen werden, forderte das Gremium im Dezember 2004. Das Rektorat sieht dies dadurch gewährleistet, dass deutsche Studierende unter gewissen Umständen einen Anspruch auf ein verzinstes Darlehen der NRW-Bank haben. Da das Darlehen auch für BAföG-Empfänger bei 10.000 Euro gedeckelt wird, meint das Rektorat zudem, dass das Modell »eine Stipendienkomponente enthält«.

»Das trifft aber nur einen ganz, ganz kleinen Teil der Studierenden«, kritisierte Ingo Bowitz die Einschätzung des Rektorats. Tatsächlich räumt auch dieses ein, dass nur Studierende, die mehr als 333 Euro BAföG pro Monat erhalten von der Deckelung profitieren und das sind nur ganz wenige. Nur die Kinder von Arbeitslosen seien damit erfasst, befürchtet Bowitz. »Aber die Kinder der Krankenschwester stehen nach dem Studium vor einem Schuldenberg«, beschrieb er das Problem und ergänzte: »Wir sehen weder dieses Gebührenmodell noch ein anderes als sozialverträglich an«.

Seine Rücktrittsforderung an den Rektor hält Ingo Bowitz weiterhin aufrecht. »Wir erkennen an, dass es Bewegung gibt. Aber wohin diese Bewegung geht, müssen wir noch sehen«, erklärte er und appellierte an Minister Andreas Pinkwart: »Ziehen sie das Gebührengesetz zurück und begraben sie das Hochschulfreiheitsgesetz«. Letzteres ist das Thema der nächsten Diskussion, die die Hochschulen beschäftigen wird. »Ich glaube, da werden wir wenig Dissens haben«, deutete Dieter Timmermann aber bereits an, dass Rektorat und Studierendenschaft in dieser Frage gemeinsam die Pläne der Landesregierung kritisieren könnten. Die sehen unter anderem vor, dass die Leitung einer Hochschule von außerhalb kommen soll, die gewählten Gremien wie der Senat würden entmachtet.