»Soziale Arbeit ist was wert« (Teil 2)
»Wenn die Kirchen absenken, werden die anderen mit hineingezogen«, erklärt der Bielefelder ver.di Sekretär Horst Franke, »der ruinöse Wettbewerb kann nicht weitergehen«. Denn wenn erst einmal ein großer Träger einen Haustarif durchgesetzt hat, werden die anderen folgen. Das Argument liegt auf der Hand: Bestehen in einer Konkurrenzsituation.
Die 43 Betriebsräte und Mitarbeitervertretungen, darunter unter anderem die Betriebsräte der AWO, der Städtischen Kliniken, der Lebenshilfe und der Gesellschaft für Sozialarbeit und die Mitarbeitervertretungen der von-Bodelschwinghschen Anstalten, des Johanneswerks, der von-Laer-Stiftung und des Evangelischen Gemeindedienstes sehen eine 40-Stunden Woche auf sich zukommen, die Streichung von Weihnachts- und Urlaubsgeld und einen reduzierten Urlaub auf 26 Tage. Diese Vorschläge kursieren innerhalb der Gemeinschaft der diakonischen Arbeitgeber. Die Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich von bisher 38,5 Stunden auf 40 oder mehr würde Hunderten Beschäftigten im Bielefelder Sozial- und Gesundheitswesen den Job kosten, erklärt Franke. Denn durch die täglich 18 Minuten Mehrarbeit ließen sich Stellen sparen.
»Wir klagen nicht auf hohem Niveau«, erklärt Roland Brehm, Gesamtmitarbeitervertreter in den von Bodelschwingschen Anstalten. Schon in der Vergangenheit mussten die Gesundheitsarbeiter, die vor allem Frauen sind, zu niedrigen Bezügen arbeiten. In Bethel beispielsweise waren die Löhne dem BAT in einer kirchlichen Fassung nur »angelehnt«, also schlechter. Der sogenannte »Dritte Weg« ermöglicht es kirchlichen Einrichtungen, Tarifverhandlungen zu umgehen. Regelungen werden dort in arbeitsrechtlichen Kommissionen mit Arbeitnehmervertretern getroffen, die Gewerkschaft ver.di ist nicht zugelassen.
Franke berichtet von examinierten Altenpflegern, die inzwischen für 7 Euro in der Stunde arbeiten. »Dabei ist unsere Situation gar nicht vergleichbar mit der Industrie«, weiß Brehm. Denn dort wandern Unternehmen ab oder drohen zumindest damit wenn ihnen die Lohnkosten zu hoch sind. Der lokale Gesundheits-Dienstleistungs-Markt steht noch nicht unter einem solchen Druck, die Unternehmen kommen aus der Region oder zumindest aus Deutschland. Für ein Unternehmen aus Belgien beispielsweise wäre es noch schwierig, in Bielefeld mit einem groß angelegten Gesundheitsdienst Fuß zu fassen.
Deswegen appelliert Brehm an die Arbeitgeber im Gesundheits- und Sozialbereich. Sie sollen sich zusammenschließen und einen gemeinsamen Tarifvorschlag unterbreiten Leitwährung dabei: der TvöD. Dann wäre die Refinanzierung einheitlich, nämlich abhängig von der derselben tariflichen Grundlage und damit der ruinöse Wettbewerb gestoppt.
Demonstration am Donnerstag, 9. Februar, ab 17 Uhr, Bethel, Assapheum/ Roter Platz. Abschluss der Demonstration gegen 18.30 Uhr vor dem Landeskirchenamt nahe dem Altstädter Kirchplatz