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Langer Atem für Mullaittivu (25.01.2006)





Schön wärs: Glückliche Fischer nach dem Wiederaufbau. Die Realität sieht anders aus als auf diesem Plakat der Welthungerhilfe, das zur Zeit auch in Bielefeld an diversen Haltestellen hängt





Ein Jahr ist es her, dass der Tsunami in Südostasien mehr als 200.000 Menschen das Leben kostete und die Lebensgrundlage von Millionen Küstenbewohnern zerstörte. Bielefeld war eine der ersten deutschen Städte, die mit einer Städtepartnerschaft den Betroffenen helfen wollte. Die Wahl eines Runden Tisches fiel auf die Provinz Mullaittivu auf Sri Lanka, etwa 430.000 Euro stellten Bielefelder Spender für Wiederaufbaumaßnahmen dort zur Verfügung. Am vergangenen Donnerstag zogen Oberbürgermeister Eberhard David und ein Vertreter des Kooperationspartners der Stadt, der Welthungerhilfe, Bilanz über das erste, nicht unproblematische Jahr der Hilfe Bielefelds für Mulaittivu.



Von Mario A. Sarcletti

Die Podiumsdiskussion im Haus der Kirche zog nur recht wenige Zuhörer an, offenbar ist der tödliche Tsunami nicht nur in den Medien, sondern auch im Gedächtnis der Bielefelder Bürger eher in den Hintergrund getreten. Dabei braucht die Hilfe für die betroffene Region Beharrlichkeit. Dass noch viel zu tun ist, zeigte die Veranstaltung am vergangenen Donnerstag. Beharrlichkeit zeigte zu Beginn der Veranstaltung auf jeden Fall Eberhard David: Die Entscheidung des Runden Tisches Mullaittivu als Partnerregion für die Bielefelder Hilfe auszuwählen sei richtig gewesen, auch wenn man gewusst habe, dass sie vom Bürgerkrieg belastet war, erklärte der Oberbürgermeister.

Seit den 50er-Jahren tobt in der Region im Norden Sri Lankas die Auseinandersetzung zwischen der Mehrheit der Singhalesen und der Minderheit der Tamilen. Die beiden Volksgruppen sprechen nicht nur ganz unterschiedliche Sprachen sondern sind auch Anhänger unterschiedlicher Religionen. Die Singhalesen sind Buddhisten, die Tamilen Hindus. »Die Menschen dort waren durch Bürgerkrieg und Tsunami doppelt getroffen«, begründet Eberhard David die Entscheidung, aber auch die Probleme bei der Tsunami-Hilfe. Die ihn nicht überraschen: »Wir wussten, dass wir da einen langen Atem brauchen«, erklärt das Stadtoberhaupt. Ein langer Atem ist auch Voraussetzung für eine Prämisse der Aufbauhilfe: »Nachhaltigkeit« ist eine Bedingung, die der Runde Tisch für die Wiederaufbauhilfe vorgegeben hat.

Die aus der politischen Situation vor Ort resultierenden Probleme der Hilfsorganisationen skizzierte bei der Podiumsdiskussion Florian Landorff von der Welthungerhilfe. Er ist schon länger in der Region für die Hilfsorganisation aktiv. »Die Region wird von der LTTE (den Liberation Tigers of Tamil Elam (MAS)) kontrolliert, es ist schwierig da mit Hilfslieferungen reinzukommen«, sagt Landorff. Jeder LKW werde sowohl von den Rebellen als auch von der Regierung kontrolliert, jede humanitäre Aktion fände unter militärischer Bewachung statt.


Konflikt verschärft sich

In den vergangenen beiden Monaten habe sich der Konflikt zwischen LTTE und Regierung zudem verschärft. »Es gab Anschläge und Erschießungen auf offener Straße«, berichtet Florian Landorff. »Es besteht die Gefahr, dass ein offener Krieg ausbricht«, beschreibt er die Lage in Sri Lanka. Die Hilfe seiner Organisation – die auch während der heißen Phase des Bürgerkriegs vor Ort aktiv war - laufe deshalb zur Zeit nur auf Sparflamme. »Es läuft nur noch der Bürobetrieb, aber die Partner sind noch aktiv«, berichtet Landorff.

Die Partner, das sind Mitarbeiter der einheimischen Sewalanka-Foundation. Die gibt es seit vierzehn Jahren, seit zwölf Jahren kooperiert die Welthungerhilfe mit der Vereinigung. Deren großer Vorteil, sagt Florian Landorff, ist die Verankerung in beiden Teilen der Bevölkerung: »Der Vorsitzende ist Singhalese, sein engster Mitarbeiter Tamile, das Ziel der Organisation ist Frieden in Sri Lanka«, erklärt Landorff.