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Der Menschenfeind (Teil 2)





Bespielen eine Stange mit Schwingungen: Ines Buchmann und Stefan Imholz



Den darstellerischen Hammer liefern Celimente, hervorragend dargestellt von Christina Huckle, und Carmen Priego, die in der Rolle der Arisinoe glänzt. Es ist ganz klar, die beiden hassen sich wie die Pest. Und doch verkehren sie miteinander – weil es so ein angenehmes Nervenspiel ist, sich gegenseitig in die Pfanne zu hauen. Es kommt zum Showdown: Arisinoe erzählt Celimente, was für ein verlogenes Miststück sie doch ist, bei der die Männer reihenweise ein- und ausgehen. Dies tut sie mit ausgesuchter Höflichkeit und unter dem Kunstgriff, ihre eigene Sicht als Meinung der Anderen zu verkleiden.

Celimente antwortet in eben gleicher Weise, in dem sie, die Ansichten anderer beleihend, über Arisinoe herzieht. Die beiden Frauen stehen sich gegenüber, verkrümmen sich vor Lachen und Lächeln, zergehen in freundlichen Posen, schleudern ihre Giftsätze, zeigen sich ihre Unterhosen und landen auf dem Karussell, dass das Zentrum der Bühne darstellt. Wie zwei kleine Kinder auf dem Spielplatz gehen sie sich da an den Hals, verschlingen und zerwürgen sich, dass es für den Zuschauer eine Wonne ist. Alleine wegen dieser Szene lohnt sich der Besuch des Stücks.

Auch versteht es die Inszenierung von Schlüter, den doch etwas charakterstudlichen Anfang des Stücks erheblich aufzulockern. Ein Vorspiel mit dem Publikum, ein überraschender Anruf und eine durchaus hohe Geschwindigkeit lassen so keine Langeweile aufkommen. Bühnenbildner Jürgen Höth hat den Raum des Theaterlabors in eine Art modernes Amphitheater verwandelt, in dem die Zuschauer nicht im Dunkeln, sondern in unmittelbarer Nähe des Geschehens sitzen.


Das Karussell dreht sich

In einer Zeitreise ist aus Molieres Spiel am Hof eine zeitgenössische Yuppiefläche geworden, mit schaumstoffgelagertem Wohnzimmer, Minibar und Mikrowelle. Ohne Umbauten und ohne Pause findet das Spiel hier seine angemessene Fläche. In der Mitte des Raums, zweifelsohne eine überzeugende Idee, ist dann dieses Stangenkarussell, dass auch auf vielen Kinderspielplätzen steht. Ein Drehkreuz, wo man sich auf eine der vier Stangen stellen kann, mit dem einen Bein auf dem Boden Schwung holt – und ab geht die Post. Dieses Karussell ist der Dreh- und Angelpunkt des Spiels. Hier nimmt das Stück Fahrt auf, hier wechseln die Richtungen, fallen die Masken und steigen die Kämpfe.

Wer also von Lügen und Anpassertum noch nicht genug hat, weil sie in seinem Leben zu allgegenwärtig sind, oder wer eben genau diese kunstvoll und in Versform gespiegelt haben möchte, sollte sich in den nächsten Wochen ins Theaterlabor zum Menschenfeind begeben. Ein Ort, den das Theater Bielefeld nach dem Um- und Rückzug ins neu gestaltete Stadttheater am Niederwall vielleicht noch vermissen wird. Nach einigen holperigen Versuchen wie bei ›Dantons Tod‹ scheinen die Möglichkeiten des Raumes inzwischen geläufiger zu sein. Bei ›Der Menschenfeind‹ jedenfalls werden das Theaterlabor, früher einmal eine Werkshalle von Dürkopp, hervorragend genutzt. Auf diese Weise einen Raum zu bespielen, wird mit einer Guckkastenbühne – auch wenn ihre Ränder nicht mehr so schwer wiegen werden – schwerlich möglich sein.


Weitere Aufführungen, alle Theaterlabor, Tor 6: 25./26./27./28./31. Januar, 1./2./9./12./13./14./15./16./18. Februar 2006, jeweils 20 Uhr, samstags und sonntags 19.30 Uhr. Weitere Informationen: www.theater-bielefeld.de