In Löhne ein Mittagstisch, wo es die warme Mahlzeit für 1,50 Euro gibt, in Lübbecke eine Tafel, wo gegen Erstattung von 2,50 Euro pro Familie Obst, Gemüse und Milchprodukte verteilt werden. In Bielefeld gibt es gleich Tisch und Tafel und Körbchen. Und in der Zeitung ist zu lesen, dass in Rahden ein Obdachloser auf nassem Waldboden erfriert.
»Hier geht es um Menschen, die nicht nur vom Staat im Stich gelassen worden sind«, empört sich Inge Höger-Neuling, Bundestagsabgeordnete aus Herford und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Deutschen Bundestag. »Der Ruf nach mehr Eigenverantwortung, der uns ständig von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen entgegenschallt, heißt übersetzt doch nur: Seht zu, wie Ihr alleine klar kommt«.
Immer mehr Menschen würden an den Rand der Gesellschaft und in die Armut gedrängt, würden zu Almosenempfängern degradiert in einem der reichsten Länder dieser Erde, sagt Höger-Neuling. Deshalb begrüßt sei alle Initiativen, die helfen. »Aber hierdurch werden nur die Ergebnisse einer durch und durch unsozialen Politik ein wenig gemildert«. Die Politik der Kürzungen von Sozialleistungen sei gescheitert. Dies sehe man ganz deutlich an dem enormen Ansteigen von privaten Einrichtungen, die den Menschen wenigstens noch eine warme Mahlzeit zukommen lassen.
Kürzungen der Mittel in Bund, Land und Kommunen sowie die angekündigte Erhöhung der Mehrwertsteuer oder Preiserhöhungen auf dem Energiesektor täten ein übriges, die weiter zu verschärfen. »Man muss gar nicht erst den jüngsten Armutsbericht der Bundesregierung zitieren, um zu wissen, dass dies insbesondere zahlreiche Kinder und Alleinerziehende trifft«, sagt die Bundestagsabgeordnete.
Die der Agenda 2010 zugrundeliegende Formel vom »Fordern und Fördern« habe zu keinem Zeitpunkt gestimmt. "Was wollen Sie denn noch einem Menschen abfordern, der glücklich ist, einen Joghurt mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum in einer der zahlreichenTafeln zu bekommen? Und womit wollen Sie diese Menschen fördern - mit Ein-Euro-Jobs«, fragt sie.
Höger-Neulings Fazit: »Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Sozialstaat, weil jeder Cent, der für eine menschenwürdige Versorgung verwendet wird der in die Rente fließt, der dem Kindergeld zugute kommt, nicht nur den Menschen hilft, sondern auch direkt wieder in die Binnenkonjunktur gelangt, dem Mittelstand und den dort Beschäftigten nützt und letztlich damit auch dem Staat und den Sozialversicherungen selber«.