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Aggro-Gentechnik (07.12.2005)





Johannes Remmel: Agro-Gentechnik ist eine »Operation am offenen Herzen, weil man die Folgen nicht kennt«


In der Universität finden in dieser Woche »Informationstage zur »Grünen« Gentechnik« statt. Am Montag eröffnete ein Vortrag des Sprechers für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Johannes Remmel, die Veranstaltungsreihe. Mit ihr will der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) auch für gentechfreie Nahrung in der Hochschule sorgen.


Von Mario A. Sarcletti

»Der AStA meint, dass Probleme der Gentechnik noch nicht genügend thematisiert werden«. Inga Müller vom Ökologiereferat des Allgemeinen Studierendenausschusses begründete mit knappen Worten, warum die Studierendenvertretung der Universität in dieser Woche die »Informationstage zur »Grünen« Gentechnik« durchführt. »Grüne« Gentechnik meint die Anwendung von Gentechnik in der Nahrungs- und Futtermittelproduktion, während die »Graue«, den Einsatz von gentechnisch veränderten Mikroorganismen bedeutet. Wird von »Roter« Gentechnik gesprochen, ist ihre Anwendung in der Medizin gemeint.

Neben der Information der Hochschulangehörigen hat der AStA mit den Informationstagen aber auch ein ganz konkretes Ziel: Mit einer Unterschriftenaktion am Info-Stand in der Uni-Halle gegenüber der Cafeteria möchte er erreichen, dass die Institutionen und Unternehmen, die in der Universität Lebensmittel vertreiben, eine Selbstverpflichtung für eine »Genfood-freie-Uni« unterschreiben. Studentenwerk oder auch der Supermarkt in der Uni sollen erklären, beim Abschluss neuer Verträge darauf zu achten, dass die Geschäftspartner auf Zutaten aus gentechnisch veränderten Pflanzen verzichten und dafür garantieren, dass auch in dem von ihnen Futtermitteln keine Gentechnik enthalten ist.

Dass der Verbraucherschutz gerade im letzteren Bereich auch nach der EU-Gentechnikverordnung von 2004 noch problematisch ist, erläuterte Johannes Remmel, Landtagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen bei der Eröffnungsveranstaltung der Informationstage am Montag in der Universität. Denn Produkte von Tieren, die gentechnisch veränderte Futtermittel gefressen haben, müssen - anders als Lebensmittel mit gentechnisch veränderten Bestandteilen - nicht gekennzeichnet werden. Die Risiken für die Konsumenten solcher Produkte seien Allergien und Antibiotikaresistenzen. Dass Antibiotika im Notfall nicht mehr wirken, hängt damit zusammen, dass ein eingeschleustes Gen mit einem Marker versehen wird. Die Gentechniker wollen damit überprüfen, ob das gewünschte Gen auch wirklich in einen Organismus eingeschleust wurde. Als Marker wird oft ein Antibiotika-Resistenzgen verwendet.


Unhaltbare Heilsversprechen

Johannes Remmel widmete sich aber nicht nur der Frage der Kennzeichnung von Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Zutaten enthalten, auch Freisetzung und Anbau von genetisch manipulierten Pflanzen waren ein Thema seines Vortrags über »Agro-Gentechnik«, wie er sie nannte. Insgesamt kritisierte er die als »Experiment am offenen Herzen, weil man die Folgen nicht kennt«. Wie andere Technologien offeriere die Gentechnik aber Heilsversprechen, wie die, den Hunger auf der Welt beenden zu können.

Ein Heil sieht Remmel in der Gentechnik auf dem Acker aber nicht. Durch Freisetzung und Anbau bestehe unter anderem die Gefahr einer Reduktion der Artenvielfalt. So habe genmanipulierter Raps 44 Prozent weniger Blütenpflanzen. Ein Rückgang der Zahl von Schmetterlingen und Spinnen ist auf den Feldern die Folge. Zudem breite sich der Gen-Raps bis zu 26 Kilometer weit aus. Deshalb findet Remmel es auch gerecht, dass auch im Gentechnik-Recht das Verursacherprinzip, die »Verschuldensunabhängige Haftung«, gelte.