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Schaible nicht länger im Vorstand (09.11.2005)



Von Manfred Horn

Franz Schaible, Geschäftsführer der GAB (Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung) ist nicht länger im Vorstand der Bielefelder Tafel. Am vergangenen Donnerstag wählte ihn eine Mehrheit auf der Mitgliederversammlung von seinem Posten als zweiter Vorsitzender ab, den er seit dem vergangenen Jahr inne hatte. Rosetraut Kirse, seit Gründung des Vereins1996 deren Vorsitzende, hatte zuvor Schaible vorgeworfen, er plane eine »feindliche Übernahme« des Vereins.

Der Anlass der Auseinandersetzung ist die Verteilung der Tafel in Sennestadt. Kirse behauptet, dort wollten vor allem örtliche SPD-Senioren die Lebensmittelverteilung an sich reißen. Der Streit dauert seit Wochen an – seitdem verteilt die Tafel in Sennestadt auch keine Lebensmittel mehr. Am 20. Oktober teilte Kirse mit: »Nach heutigem Verlauf mussten die ehrenamtlichen Helfer widerwärtige und bissige Angriffe über sich ergehen lassen, die von dem Hintergrund der AG 60 Plus in Sennestadt vorsätzlich initiiert wurden«. AG 60 Plus ist die Seniorenvereinigung der SPD in Sennestadt, die sich bis zu diesem Zeitpunkt an der ehrenamtlichen Verteilung beteiligt hatte. Der 20. Oktober war dann auch der letzte Tag, an dem die Tafel in Sennestadt Lebensmittel an Bedürftige ausgab. Kirse behauptet weiter, dass diejenigen Tafel-Mitarbeiter, die nicht zur AG 60 Plus gehörten, sich an diesem 20. Oktober »einem unerträglich aggressivem Verhalten von aufgestachelten Bedürftigen ausgesetzt« sahen. Man habe dann »aus Gründen des Selbstschutzes und der Selbstachtung« auf eine weitere Verteilung in Sennestadt verzichtet.

Senioren der AG 60 Plus und weitere ehemalige Helfer haben inzwischen Kontakt zum Verein ›Lebens-Mittel-Punkt‹ aus Brackwede aufgenommen. In Kooperation mit diesem Verein, der in Brackwede Lebensmittel verteilt, wollen Senioren die Verteilung in Sennestadt wieder aufnehmen – allerdings ganz ohne die Bielefelder Tafel.

Bei der Mitgliederversammlung am vergangenen Donnerstag stimmten 15 Anwesende für die Abwahl Schaibles, 6 dagegen. Schaible bestreitet alle Vorwürfe und spricht von Unterstellungen. Er will die Angelegenheit juristisch klären lassen. Er wolle die Tafel weder sich noch der GAB einverleiben. Zusätzliche Brisanz bekommt die Geschichte, weil seit Mitte 2004 die Bielefelder Tafel ihren Sitz auf dem GAB-Gelände an der Meisenstraße hat.

Die Bielefelder Tafel verteilt an sechs Tagen in der Woche rund sieben Tonnen Lebensmittel. Eine gewaltige Menge. Dafür sind rund 25 ehrenamtliche Helfer im Einsatz. Sie holen die Lebensmittel bei den anonymen Spendern ab, in der Regel Einzelhandelsketten und Discounter, und schaffen sie schließlich an eine der sechs Verteilstellen in sozialen Brennpunkten. So bekommen beispielsweise Obdachlose ihr tägliches Lebensmittelpaket. Der Verein ist fest in der Hand des Ehepaars Kirse. Rosetraut und Heinz-Dieter Kirse schmeißen den Laden seit seiner Gründung vor knapp zehn Jahren.

Die aktuelle Auseinandersetzung ist dabei bei weitem nicht die Erste: Immer wieder gab es Vorwürfe gegen die Bielefelder Tafel, besonders gegen ihre Vorsitzende Rosetraut Kirse. So behaupteten Bedürftige, einige Fahrer verlangten Geld für das Essen. Von anderer Seite wird Kirse geschäftliches Talent bestätigt, aber keinerlei Fähigkeit zur Menschenführung. Die Mitarbeiter-Fluktuation bei der Tafel ist hoch. Ein weiterer Vorwurf: Die Ehrenamtlichen würden über Gebühr gefordert. Bei der Tafel engagieren sich vor allem Ruheständler. Die müssten aber schwere Arbeit leisten. Hinzu komme, dass Kirse herumkommandiere, wie eine ehemalige Mitarbeiterin behauptet.