Webwecker Bielefeld: bbaverleihung20052

Datenkraken ausgezeichnet (Teil 2)





Generalstaatsanwalt Rex findet die Rufschädigung nicht humorvoll, padeluun hingegen hatte Spaß.





Videokameras haben es auch dem Preisträger in der Kategorie »Politik« angetan. Der Hessische Innenminister Volker Bouffier erhielt den Big Brother Award unter anderem für das Scannen von KFZ-Kennzeichen per Kamera. Die erfassten Kennzeichen werden automatisch mit den Fahndungsdateien abgeglichen. Dabei werden aber nicht nur die Kennzeichen von Bösewichten erfasst. »Die Polizei weiß, wer sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort befunden hat«, beschrieb Fredrik Roggan von der Humanistischen Union die Gefahr, die von der Maßnahme für die Freiheit der Bürger ausgeht.


Der Kennzeichen-Scan ist aber nicht die einzige Maßnahme, für die Bouffier nach 2002 bereits zum zweiten Mal mit dem Preis für Datenkraken ausgezeichnet wurde. Das neue Hessische Polizeigesetz sieht zudem vor, dass auch bei Kindern unter vierzehn Jahren eine DANN-Analyse durchgeführt wird, wenn sie eine »Straftat von erheblicher Bedeutung« begangen haben.

Fredrik Roggan kritisierte in seiner Laudatio außerdem die hessischen Vorschriften für die Telekommunikationsüberwachung (TKÜ). Das Gesetz sehe bei der Telefonüberwachung keine Regelungen vor, die den »absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung« schützen, etwa die Gespräche zwischen Ehepartnern. Das verstoße gegen höchstrichterliche Vorgaben. »Erst vor wenigen Monaten musste das Bundesverfassungsgericht dem niedersächsichen Gesetzgeber erklären, dass auch im Bereich der TKÜ der Kernbereich privater Lebensgestaltung unantastbar ist«, erklärte Roggan. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das Gesetz den Einsatz von IMSI-Catchern erlaubt, Geräten, mit denen der Standort von Besitzern von Mobiltelefonen ermittelt werden kann, auch wenn diese nicht telefonieren.

Mobiltelefone zur Verfolgung von Straftaten setzten auch Staatsanwälte in Schleswig Holstein ein, der Generalstaatsanwalt des Landes, Erhard Rex, erhielt dafür den Big Brother Award in der Kategorie »Kommunikation«. Im Falle eines Mordes und einer Brandstiftung führte die Polizei auf Antrag der Staatsanwaltschaft so genannte Funkzellenabfragen durch. Die Mobilfunkbetreiber mussten den Ermittlern mitteilen, wer zur Tatzeit in der Nähe der Tatorte mit seinem Mobiltelefon telefonierte. Als die Maßnahme im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags behandelt wurde, stellte sich das Ziel der Abfrage heraus: »Zum ersten Mal sollten keine Verdächtigen oder gar Täter ermittelt werden, sondern Zeugen«, beschrieb Laudator Alvar Freude vom »Förderverein Informatik und Gesellschaft« die besondere Qualität des Spionagangriffs. »Die werden jedoch gleich als mögliche Verdächtige behandelt«, fügte er hinzu. 3700 Mobiltelefonbesitzer wurden so erfasst.

Der Generalstaatsanwalt fühlt sich indes zu Unrecht an den Pranger gestellt. In einem Schreiben an den FoeBud beschwert er sich über Falschbehauptungen. Er sei vielmehr den Fehlern anderer entgegengetreten. Die »öffentliche Rufschädigung« empfindet er »als nicht so humorvoll wie Sie«, er werde sich nicht durch seine Anwesenheit daran beteiligen, kündigt Oberstaatsanwalt Rex an.

Tatsächlich erschien Erhard Rex, ebenso wie die anderen Preisträger, nicht zur Verleihung. Wie schon in den Jahren zuvor übernahm deshalb der Künstler padeluun vom FoeBud die Rolle einiger der Geehrten, die Texte für diese kabarettistischen Einlagen stammten wiederum von Matthias Harre. Im Falle des Schleswig-Holsteinischen Generalstaatsanwaltes sprach padeluun mit der Polizistenpuppe aus dem Kasperle-Theater. Zuvor setzte er sich eine rote Mütze auf. »Ich bin jetzt sozusagen der Oberkasper, der Generalstaatsanwalt«, erklärte padeluun, bevor er den Puppenpolizisten zur Schnecke machte, weil der ihm vorhielt, dass er die Datenkraken-Aktion erst nach der Intervention des Landtags gestoppt habe.