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Trotz Folter kein Asyl? (19.10.2005)



Das Zuwanderungsgesetz, das am 1. Januar 2005 in Kraft trat, beruft sich ausdrücklich auf die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) im Blick auf Menschen, die in Deutschland aus humanitären oder politischen Gründen Asyl beantragen. Dieser Bezug wurde von Seiten des Gesetzgebers als menschenrechtlicher Fortschritt betont.

Am Donnerstag, 20. Oktober, nehmen Experten das neue Zuwanderungsgesetz auf den Prüfstand. Auf Einladung des Bielefelder Arbeitskreises ›Interdisziplinäre Flüchtlingsarbeit‹ werden auf dem Podium Vertreter von Pro Asyl, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, ein Arzt für Psychotherapie und ein Vertreter der Bezirksregierung Detmold vertreten sein.

Die Fragestellung des Abends ist provokant: »Trotz Folter kein Asyl?«. Sie speist sich jedoch aus den Erfahrungen, die Flüchtlingsinitiativen in den vergangenen Monaten gemacht haben. Sehr viele Flüchtlinge, die durch Mißhandlungen, Vergewaltigung und andere Folter in ihrer Heimat bleibende seelische Schäden erlitten haben, müssen in Deutschland in ständiger Angst vor Abschiebung leben, weil ihnen kein Bleiberecht zuerkannt wird. Dies geschieht, weil auch Asylanträge von Flüchtlingen, die durch Folter traumatisiert sind, in der Regel abgelehnt werden.

Untersuchungen belegen, dass 40 Prozent der Flüchtlinge, die in Deutschland Asyl beantragen, durch Folterungen und Kriegserlebnisse traumatisiert sind. Die Anerkennungsquote beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge liegt aber insgesamt nur bei etwa 3,3 Prozent.

Nach einer Ablehnung des Asylantrages entwickeln durch Folter traumatisierte Flüchtlinge panische Angst davor, in ihr Herkunftsland, in das Land der Folter und Misshandlung, zurückgeschickt zu werden. Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich drastisch. Gefolterte Menschen erwarten, dass Behörden und Gerichte nicht nur die psychischen Folgen der Folter beurteilen. Für sie ist es wichtig, dass anerkannt wird, dass die Folter, die sie erdulden mussten, wirklich geschehen ist. Sie hoffen, dass mit der Möglichkeit, als Folteropfer politisches Asyl zu erhalten, auch die Folter selbst geächtet wird.


Podiumsdiskussion am Donnerstag, 20. Oktober, 19 Uhr, im Saal des Neuen Rathauses. Mit Bernd Mesovic, Pro Asyl – Frankfurt; Wolfgang Söte, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – Bielefeld; Wolfgang Gierlichs, Arzt für Psychotherapeutische Medizin in Aachen; Jörg List, Beauftragter für Zuwanderung und Integration / Bezirksregierung Detmold