Wir versuchen mit dieser Kampagne »achten statt verachten« zu erreichen, dass ein System entwickelt wird, nach dem Menschen, die keine Papiere haben, keinen Aufenthaltsstatus, im Krankheitsfall behandelt werden können. Dass sie Ärzte oder Krankenhäuser aufsuchen können, ohne Angst haben zu müssen ja, ich sage es scharf denunziert zu werden, also den Ausländerbehörden gemeldet zu werden, was dann natürlich zur Abschiebung führt.
Wird das denn aktuell von Ärzten gemacht, dass sie, wenn ein Kranker zu ihnen kommt, erst mal die Ausländerbehörde anrufen?Nein, von Ärzten im Allgemeinen nicht. Es gibt viele Ärzte und auch Zahnärzte, die ihrem abgelegten hippokratischen Eid folgend solche Menschen einfach umsonst behandeln. Es gibt in größeren Orten auch Organisationen der medizinischen Flüchtlingshilfe, wo Anlaufstellen für Menschen, die keine Papiere haben, vermittelt werden. Aber das Problem liegt bei den Krankenhäusern. Die Verwaltung von Krankenhäusern wird ja irgendwie mit eingeschaltet, wenn es um die Kostenfrage geht. Und dann wendet man sich üblicherweise an das Sozialamt und dann kommt halt heraus, dass dieser Mensch nicht gemeldet ist und dann dreht sich das Rad.
Kommen wir noch einmal auf das »Urthema« der IPPNW zurück, die Atomenergie und Atomwaffen. Da kommt man ja nicht daran vorbei, dass zwanzig Jahre nach den IPPNW jetzt die IAEO, die Internationale Atomenergieorganisation, und ihr Leiter El BaradeiXX diesen Friedensnobelpreis kriegen. Wie steht denn Ihre Organisation dazu? Wir haben hier zwei unterschiedliche Aspekte. Der eine ist, dass wir die Person Mohamed El Baradei durchaus für würdig erachten, diesen Friedensnobelpreis zu bekommen. El Baradei hat immer wieder bewiesen, dass er mutig das Rückgrat hält, wenn er unter Druck gerät. Beispielsweise hat er lange und immer wieder vor Beginn dieses letzten unsäglichen Irakkrieges zusammen mit Hans Blix den USA gegenüber betont, dass im Irak weder atomare noch andere Massenvernichtungswaffen gefunden wurden.
Und zur Zeit ist El Baradei sehr engagiert mit dem Versuch verknüpft den drohenden Krieg im Iran abzuwenden, indem er sich für Verhandlungslösungen einsetzt. Er propagiert auch immer wieder eine atomwaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten, was dann natürlich auch die Atomwaffen, die es in Israel ja wohl gibt, mit anspricht. Der andere Punkt ist, dass wir dieser Organisation gegenüber, der El Baradei vorsteht, Kritik anbringen müssen. Das bezieht sich in erster Linie auf die ursprüngliche Aufgabe der IAEO, oder international IAEA, nämlich die Atomenergie und damit die Atomwirtschaft weltweit zu fördern. Das ist eine der Aufgaben, so steht es in den Statuten. Da wir die so genannte friedliche Atomenergie und die Atomwaffen als zwei Seiten der gleichen Medaille ansehen, können wir damit natürlich nicht einverstanden sein.
Der Iran selbst ist ja ein Beispiel dafür, wie die beiden Dinge verknüpft sind. Also wenn die IAEO wünscht, dass der Iran die so genannte friedliche Atomenergie nutzt, dann muss diesem Land eigentlich auch gestattet werden Uran anzureichern, weil man das ja als Brennstoff im Atomkraftwerk braucht. Auf der andern Seite kann genau dieses angereicherte Uran missbraucht werden, um Atomwaffen herzustellen. Die Einführung von Atomenergie in diversen Ländern ist immer gleichzeitig auch ein Portal für den möglichen Missbrauch und die Atomwaffenherstellung.