Webwecker Bielefeld: ippnw01

Erst IPPNW, dann IAEO (12.10.2005)





Eisenberg: Kritik an der IAEO,
weil deren ursprüngliche Aufgabe sei,
die Atomenergie und damit die Atomwirtschaft zu fördern



Der diesjährige Friedensnobelpreis geht an die Internationale Atomenergiebehörde IAEO. Vor 20 Jahren wurde eine ganz andere Organisation, die sich mit Atomenergie beschäftigt, mit dem Preis ausgezeichnet. Am 11. Oktober 1985 gab das Nobelpreiskomitee bekannt, dass die »International Physicians for the Prevention of a Nuclear War« (IPPNW), die fünf Jahre zuvor von Ärzten in der Sowjetunion und den USA gegründet wurde, die Ehrung zuteil wird.

Aus diesem Anlass sprach Mario A. Sarcletti für den Webwecker mit Winfried Eisenberg. Der ehemalige Leiter der Kinder- und Jugendabteilung des Herforder Krankenhauses ist seit der Gründung 1982 Mitglied der deutschen Sektion der
»Internationalen Ärzte für die Verhütung eines Atomkriegs – Ärzte in sozialer Verantwortung«
und heute ihr stellvertretender Vorsitzender.




Webwecker: IPPNW wurde 1980 gegründet, die deutsche Sektion 1982, und schon 1985 dann der Nobelpreis: Wie war das damals für sie, als sie von dem Preis erfahren haben?

Winfried Eisenberg: Das war schon ein hervorragendes Gefühl. Das ergab sich einfach aus der Zeit, in der die beiden Blöcke, also der westliche unter Führung der USA und der Ostblock unter Führung der Sowjetunion, sich atomar hochgerüstet gegenüberstanden und sich unablässig die atomare Vernichtung androhten. In der Zeit war die IPPNW entstanden und das war schon eine ungeheuerlich Sache damals. Dass es gelang, blockübergreifend Ärzte zu mobilisieren, die diesem drohenden Vernichtungswahnsinn nicht mehr folgen wollten.


Hat die Verleihung des Nobelpreises denn die Arbeit der IPPNW verändert?

Das ist natürlich ein ermutigender Schub, die Aktivitäten zu vervielfältigen. So eine internationale Anerkennung durch den Friedensnobelpreis ist schon etwas ganz Besonderes.


Nun kämpft ihre Organisation ja nicht nur gegen den Atomkrieg. Welche Bereiche würden sie ansonsten noch als besonders wichtig bezeichnen?

Das ist in den einzelnen nationalen Sektionen etwas unterschiedlich. In manchen, zum Beispiel in den skandinavischen IPPNW-Sektionen, ist man weitgehend bei dem Kampf gegen Atomwaffen geblieben. Unsere deutsche Sektion hat sich schon vor Tschernobyl, aber besonders danach, auch die Bekämpfung der so genannten friedlichen Atomenergie auf ihre Fahnen geschrieben. Und nach dem Ende der Blockkonfrontation, so ab den frühen 90er Jahren, sind dann andere Bereiche unter der Überschrift »Ärzte in sozialer Verantwortung« dazugekommen, beispielsweise die Süd-Nord-Problematik, Stichwort »Globalisierung« mit allen Nachteilen für die Südhalbkugel der Erde. Dann ist die Arbeit bezüglich Flüchtlingen und Asyl dazugekommen. Das sind so ein paar Schwerpunkte.


Medizinische Versorgung für Menschen ohne Papiere

Sie haben den Bereich Flüchtlingsarbeit angesprochen. Die aktuelle Kampagne der IPPNW in Deutschland heißt ja in diesem Jahr »achten statt verachten«. Was verbirgt sich hinter dem Slogan?

Daran bin ich selbst nicht ganz unerheblich beteiligt. Man muss sich dann ja immer einen Teilaspekt eines Themas herausgreifen, um den intensiv beleuchten und bearbeiten zu können. Und dieser Teilaspekt – unserem Auftrag als Ärzte entsprechend – bezieht sich darauf, dass Flüchtlinge oder Menschen, die in Deutschland ohne Papiere leben, weitgehend von medizinischer Versorgung ausgeschlossen sind. Es gibt sicherlich über eine Million Menschen hier, die keine Papiere haben. Viele dieser Menschen sind krank oder werden krank.