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Neues Betreuungsrecht bringt Verschlechterungen (05.10.2005)
»Für die Betroffenen sind die Änderungen ein Rückschritt«, ist sich der Berufsbetreuer Herbert Blaschke sicher
Von Manfred Horn
Seit 1. Juli ist sie nun in Kraft: Die Reform des Betreuungsrechts offiziell 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz genannt. Vor allem die Bundesländer machten vorher mächtig Druck sie wollten die Kosten deutlich absenken. Denn die tragen die Länder über ihre Justizhaushalte. Wesentliche Teile des Betreuungsrechts konnten dennoch erhalten werden. Die entscheidende Änderung ist: Die Fallstunden wurden seit dem 1. Juli pauschalisiert abgerechnet, für jeden Klienten steht damit unabhängig vom tatsächlichen Aufwand nur eine bestimmte Summe zur Verfügung.
Zuvor mussten die Berufs-Betreuer jede ihrer Tätigkeiten minutiös festhalten, in ein Abrechnungssystem eintragen und darauf setzten, dass die Rechtspfleger diese Arbeiten auch anerkannten und bezahlten. In der Praxis strichen die Rechtspfleger vieles wieder heraus, weil es nicht zu den Aufgaben eines Betreuers gehöre. Denn ein Berufs-Betreuer ist kein ambulanter Pfleger: Er soll weder die Wohnung putzen, noch sich die Sorgen der Betroffenen anhören. Er soll vor allem regeln, und zwar so, dass für den Klienten ein weiteres Leben in Würde möglich ist.
Rund 40 Euro gibt es nun pro Stunde für die Berufsbetreuer, das hört sich erst mal nicht schlecht an. Doch darin ist bereits die Mehrwertsteuer und sind sämtliche Kosten für Fahrten, Telefon, Porto, also Bürobedarf, mit eingerechnet. »Vor kurzem musste ich mit einem Klienten zum Konsulat nach Münster«, erzählt Herbert Blaschke, als Berufsbetreuer in Bielefeld tätig. Beileibe kein Einzelfall, Blaschke kann gleich mehrere Fahrten quer durch NRW in Betreuungsangelegenheiten aufzählen. Extra bezahlt bekommt er dies nicht, nicht einmal die Fahrtkosten erstattet. Und dies ist kein Einzelfall. Hinzu kommt, dass die Gerichte den Aufwand erst nach mehreren Monaten bezahlen. So hat Blaschke für die letzten drei Monate Tätigkeit noch kein Geld gesehen: »Mein Konto ist ständig im Minus«, klagt er.
Heimbewohner als Verlierer
Blaschke stellt nach den ersten drei Monaten mit dem neuen Gesetz fest: »Man kann nicht soviel abrechnen, wie man eventuell tut«. Genau diese zwei Möglichkeiten gibt es nun für Berufsbetreuer: Entweder unbezahlt mehrarbeiten oder die Betreuung herunterfahren. Denn der Stundensatz, bei dem nicht mehr nachgewiesen werden muss, was in dieser Zeit eigentlich gemacht wurde, gilt nur für eine eng begrenzte Stundenzahl: Klienten, die im Heim wohnen und mittellos sind, sollten ab dem zweiten Betreuungsjahr nur noch zwei Stunden im Monat betreut werden. Anders Nicht-Heimbewohner, die über eigenes Vermögen verfügen: Sie dürfen ab dem zweiten Betreuungsjahr immerhin noch 4,5 Stunden im Monat betreut werden. Derartige Beschränkungen gab es vor dem 1. Juli nicht.
Die Folge: Die Klienten im Heim kommen zu kurz. Denn zwei Stunden sind im Leben eines Betreuers nichts, wenn die übliche Korrespondenz mit Kostenträgern, das Schreiben von Anträgen, gerechnet wird. Auch die Fahrtzeit ist Teil der Pauschale: Alleine der Weg zu einem Klienten kann hin und zurück eine Stunde dauern. »Die Heimbewohner werden Verlierer der Reform sein«, ist sich Blaschke, der auch einer der beiden Sprecher der Bundesverbandes für Berufsbetreuer (BdB) in Bielefeld ist, sicher. Der Gesetzgeber unterliege hier einem Trugschluss: Dass die Klienten in einer Einrichtung wohnen, heißt nicht, dass sich dort auch jemand um ihre Angelegenheiten kümmert.
Neues Betreuungsrecht bringt Verschlechterungen (Teil 2)
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