Von Karl MoshAufmerksamen LeserInnen ist im letzten WebWecker vielleicht der Hinweis auf das baldige Ladyfest aufgefallen. Auch wenn das Bielefelder Ladyfest ungefähr das dreißigste allein in Europa ist, wissen viele Menschen die kulturell bewandert sind, nicht genau um was es sich dabei handelt. Das sich nun endlich, fünf Jahre nach dem ersten Ladyfest in Olympia auch in ostwestfälischen Bielefeld Menschen zusammen gefunden haben um ein solches Event hier auf die Beine zu stellen ist ein passender Anlass ein paar Fragmente zur Idee und Geschichte des Ladyfests zusammenzutragen.
...alles begann in OlympiaDas erste Ladyfest fand 2000 im us-amerikanischen Olympia statt. Aber eigentlich begang die Geschichte früher: Anfang der 90iger Jahre regten sich in der Punk und Hardcore Szene Nordamerikas und etwas später auch in Europa und dem Rest der Punkrock-Welt neue feministische Aktivitäten. Genauer gesagt regten sich immer mehr Girlz und Frauen in der Szene auf. Denn trotz des emanzipativen Anstrichs ihrer Szene gab es deutliche Unterrepräsentation von nichtmännlichen Künstlerinnen und Aktivistinen. Es entstanden Netzwerke und das Label Riot-Grrl wurde geboren.
»In erster Linie ging es darum, Frauen und Mädchen zu ermutigen, selbstbewusster mit ihrer Kunst umzugehen oder überhaupt erst künstlerisch aktiv und damit präsent zu werden. Über die selbst organisierten Konzerte, Proberäume, Fanzines, Lesungen etc. entstand bald eine Vernetzung der Aktivistinen aus den verschiedensten Kontexten. Der Anspruch ging über die feministische Selbstermächtigung hinaus, die Aktivitäten der Riot-Grrls richteten sich auch gegen Rassismus, Ausgrenzung, die Verkommerzialisierung von Kultur«, schreiben etwa die Organisatorinnen des Mannheimer Ladyfests über die Entstehung des Riot-Grrl Movement.
Schnell entdeckten Marketingexperten und Medienschaffende die Bewegung. Losgelöst vom politischen Hintergrund und von der Idee des self-empowerment ließen sich in den Neunzigern »rotzige Gören« gut vermarkten. In der BRD kamen TICTACTO und in England die Spice Girls. Girlism war derbe angesagt. Die Sprengkraft des Labels »Riot-Grrl« passt heute in die C&A Jugendabteilung und Avril Lavinge der aktuelle, mediale Prototyp des frechen Mädchens mit der Gitarre heiratet mit zwanzig Jahren ihren Boyfriend. Obwohl sicherlich einige Mädchen auch wegen Avril zur Gitarre griffen, ist das Girlie-Image schon lange etwas ganz anderes als das, um was es den feministischen Punx damals ging.
Im Jahr 2000 gab es das erste Ladyfest in Olympia. Dort spielten Bands die schon zu den »Stars« der Riot-Grrl Szene gehörten wie Bratmobile oder Sleater Kiney. Der neue Begriff »Lady« war nicht nur eine augenzwinkernde Reaktion auf die Vereinnahmung von Riot-Grrl sondern bietet einen Bezugspunkt für »alle Menschen, die sich den klassischen Männlichkeits- und Weiblichkeitsrollen nicht unterwerfen wollen oder können, und Lust haben in einem queer- feministischen Setting mitzuwirken« (http://www.ladyfestbielfeld.de). Der Begriff wirkt souveräner und lässt sich auch nicht mehr so einfach in den Jugend- und Körper-Kult der Popmaschinerie integrieren.
Was bedeutet aber das »Lady« bei »Ladyfest« für die Organisatrinnen des Bielefelder Ladyfests? Sie er-klärten es bei einem Gespräch mit dem AJZ-Radio folgendermaßen: »Lady ist nicht im biologischem Sinne zu verstehen. Es ist ein Oberbegriff. Früher gab es den Begriff riot-girrls, der dann ziemlich vermarktet wurde und dann gab es eine zweite riot-grrl Bewegung die sich den begriff Lady angeeignet haben. Darunter sind Frauen, Lesben, Bis, Transgender, queers, Intersex im weitesten Sinne zu fassen. Eigentlich alle die Lust auf diesen feministischen Kontext haben«.