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»Vergewaltigung kommt nicht in die Tüte!« (14.09.2005)



Sensibilisieren durch Aktion, so lautet die Vorgehensweise des Frauennotrufs bei der Kampagne »Vergewaltigung kommt nicht in die Tüte«, die in der vergangenen Woche startete. Vergewaltigung und sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen sind in großen Teilen der Gesellschaft immer noch ein Tabuthema – da bedarf es auch ungewöhnlicher Wege, um aufzuklären. Also werden die passenden Botschaften auf die Brötchentüte gepeppt.

Eine Brötchentüte macht normalerweise Werbung für den Bäcker. Nun tragen einige in Bielefeld Slogans, die auf sexualisierte Gewalt aufmerksam machen. Mit den Tüten werden Frauen unabhängig von Wohnort und Hintergrund erreicht – Brötchen kaufen ist schließlich weit verbreitet. Der Frauennotruf konnte neun Bäckereiunternehmen mit ihren angeschlossenen Filialen sowie vier Bioläden gewinnen. Diese haben sich dazu bereit erklärt insgesamt 112 000 Aktionstüten in der Zeit vom 9.September bis zum 29.Oktober in Umlauf zu bringen.

Für das Projekt des Frauennotrufs in Bielefeld wurden eigene Tüten entworfen. Auf ihnen ist der Titel der Kampagne »Vergewaltigung kommt nicht in die Tüte« in deutscher, englischer, russischer und türkischer Sprache aufgebracht. Zudem sollen die Slogans: »Jede siebte Frau erlebt mindestens einmal in ihrem Leben sexuelle Gewalt!« »In drei von vier Fällen ist der Tatort die eigene Wohnung« auf die Brisanz der Problematik aufmerksam machen. Darüber hinaus sind noch Angaben zu Veranstaltungen der Kampagne sowie Informationen über das Beratungsangebot angegeben.

Entwickelt wurde die Kampagne von Karin Heisecke und Silke Pillinger, die beide in Bäckereifamilien aufwuchsen. Für ihre Idee kamen sie im Februar 2001 in New York unter die ersten Preisträgerinnen des internationalen Wettbewerbs der »V-Da«“ – Bewegung zur Abschaffung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Ende September des gleichen Jahres wurde die Kampagne erstmals in Saarbrücken mit sehr positiver Resonanz seitens der KundInnen durchgeführt. Zwischenzeitlich wurde sie in 30 weiteren Städten erfolgreich veranstaltet. Durch die Initiative des Frauennotrufs Bielefeld wird diese Aktion hier in Bielefeld, als erste Stadt Nordrhein-Westfalens, durchgeführt.


Die Tüte kommt überall hin

Die Tüte kommt dahin, wo Information selten hingelangt. Die überwiegende Mehrheit der Frauen und Mädchen erfahren sexualisierte Gewalt innerhalb ihrer sozialen Beziehungen, beispielsweise durch Partner, Nachbarn, Arbeitskollegen, Freunde. Nach einer Erhebung erlitten ein Viertel aller Frauen in Deutschland bereits körperliche und oder sexuelle Gewalterfahrungen durch aktuelle oder frühere LebenspartnerInnen. Gerade in bei Fällen im nächsten sozialen Umfeld neigt die Gesellschaft dazu wegzuschauen. Sie bagatellisiert die Vorfälle und reagiert gar mit Vorwürfen und Beschuldigungen an die Adresse der Opfer.