Webwecker Bielefeld: haushaltjuli2005

Tabulose Haushaltskonsolidierung (13.07.2005)



In der letzten Sitzung vor der Sommerpause verabschiedete der Bielefelder Rat am 30. Juni den Haushalt für das Jahr 2005. Streit darum gab es keinen, da die Ratsfraktionen angesichts der Machtverhältnisse im Rat einen gemeinsamen Beschlussvorschlag vorgelegt hatten. Glücklich war damit aber niemand.

Von Mario A. Sarcletti

»Früher waren die Haushaltsdebatten die Sternstunden des Parlaments, weil um die alternativen Perspektiven gestritten werden konnte, die man im Haushalt abbildete. Diesen Stoff bietet der Haushalt heute nicht.« Recht treffend beschrieb der Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, Pit Clausen, die Haushaltsreden in der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause die Reden. Die Fraktionen waren sich einig: Sparen, sparen, sparen ist das Motto. Ein Wunder war der Konsens nicht, schließlich hatten die vier Großen den Haushaltsplan gemeinsam entworfen.

Trotz des Willens zum Sparen übersteigen die Ausgaben erstmals die Milliarden-Euro-Grenze, der Fehlbetrag beläuft sich auf 58 Millionen. Im Stellenplan wurden 117,5 Stellen eingespart, 2476,6 gibt es jetzt in der Kernverwaltung und 1782,1 in den eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen wie zum Beispiel dem Umweltbetrieb. Außerdem gibt es 237,4 »sonstige Stellen«, nach Angaben von Rainer Lux (CDU) ein deutlicher Anstieg. »Dies hängt mit der Gründung der Arbeitplus in Bielefeld gGmbH zusammen und den damit verbundenen 116,6 Stellen«, begründet der Vorsitzende des Finanz- und Personalausschusses den Stellenzuwachs.

Die Redner der Fraktionen lobten vor allem das gemeinsame Vorgehen in Richtung Haushaltskonsolidierung, ein ausgeglichener Haushalt soll 2011 vorgelegt werden. Auf dem Weg dahin wollen sich die Fraktionen bis Oktober auf Leitlinien der Konsolidierung verständigen. Bereits bei den Haushaltsberatungen einigten sie sich darauf, dass zusätzlich Mittel nur für vier Bereiche bereitgestellt werden: Die Betreuung von Unter-Dreijährigen soll ebenso verbessert werden wie das Hortangebot, weitere Schwerpunkte sind Beschäftigungsförderung und die Sanierung von Straßen, Schulen und Sportstätten.

Mehrere Redner betonten, dass der Rückgang der Einnahmen das größte Problem für die Kommunen sei. Detlef Werner, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion machte dafür die gesamtwirtschaftliche Situation in Deutschland verantwortlich. »Aber vielleicht erhellt ja die eventuell anstehende Bundestagswahl im September endlich den Himmel über Deutschland und macht den Weg frei für eine wirtschaftliche Prosperität«, nutzte er die Haushaltsrede für ein bisschen Wahlkampf.

Barbara Schmidt von der PDS, die ebenso wie die FDP gegen den Haushalt stimmte, rechnete vor, dass die Gewerbesteuereinnahmen seit 1999 um 30 Millionen Euro jährlich »zusammengebrochen« seien, der Einkommenssteueranteil im gleichen Zeitraum um 20 Millionen Euro. »Das Defizit ist zu großen Teilen eines, das von SPD, CDU, Grünen und FDP auf Bundes- und Landesebene gewollt und produziert ist«, kritisierte sie. Die öffentlichen Haushalte sollten so zur Verschlankung gezwungen werden, »sprich gesellschaftliche Aufgaben nicht mehr wahrzunehmen«. Das alles geschehe unter dem Diktat des neoliberalen Konsenses, nach dem nur die private Wirtschaft effektiv sei und ebenso wie die Reichen steuerlich entlastet werden müsse. »Finanziert wird dies durch die Streichung von sozialen Leistungen«, stellte Barbara Schmidt fest.

Streichungen dürften auch die nächsten Haushalte bestimmen. In einem gemeinsamen Antrag kündigten die Fraktionen an, dass die Einsparungen unter anderem mit Aufgabenreduzierungen einhergehen werden. Dass von den Einsparungen alle Bereiche betroffen sein werden, kündigte Inge Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen, an. »Es kann keine Tabus geben«, drohte sie. Da passt es, dass Pit Clausen dem Haushalt die »Qualität einer langweilig geschriebenen Horrorgeschichte« attestierte.