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Grüne kritisieren »Maulkorb-Erlass« (01.06.2005)



Als untauglich und in Teilen rechtswidrig bezeichnen die Grünen einen Erlass des Oberbürgermeisters Eberhard David für städtische Mitarbeiter, der ihnen parteipolitische Neutralität auch ausserhalb ihrer Dienstzeit nahelegt. Eine regelmäßige Teilnahme von Verwaltungsmitarbeitern an Sitzungen oder Arbeitskreisen von Fraktionen, Parteien oder Gruppen »kann eine Verletzung der Pflichten zur Neutralität und zur Mäßigung und Zurückhaltung darstellen«, heißt es in einer bindenden Mitteilung, die in der verwaltungsinternen ›VMitt‹ der Stadt vom Amt für Personal, Organisation und Zentrale Leistungen, Anfang Mai veröffentlicht wurde.

Die Anweisung an die Mitarbeiter wurde bereits Anfang April im Verwaltungsvorstand besprochen. Hintergrund war eine Erinnerung des NRW-Innenministers Fritz Behrens, der regelmäßig vor Wahlen an die Neutralitätspflicht der Staatsbediensteten erinnert. Verwaltungsmitarbeiter führen rechtliche Vorgaben aus und haben sich bei ihrer Tätigkeit persönlicher politischer Neigungen zu enthalten.

Der Verwaltungsvorstand hielt damals fest, dass »Einladungen von politischen Parteien und Wählervereinigungen zur aktiven Teilnahme von Verwaltungsangehörigen an öffentlichen Veranstaltungen nicht angenommen werden«. Der zum Verwaltungsvorstand gehörende Baudezernent Gregor Moss hatte offenbar nicht richtig zugehört: Er sollte Anfang Mai bei einer öffentlichen CDU-Veranstaltung zum Thema Feinstaub als Referent sprechen. Die Grünen kritisierten dies, die CDU lud Moss darauf hin wieder aus.


Nur im Wahlkampf oder immer?

Aus der Vorlage im Verwaltungsvorstand, die den Bezugspunkt Wahlkampf noch im Titel hatte, wurde dann jedoch eine Unterrichtung, der eine Eingrenzung auf Wahlkampfzeiten fehlte. Sie kann auch ohne zeitliche Begrenzung verstanden werden. Diese Unterrichtung wurde dann verwaltungsintern nochmals umgeschrieben, in Passagen abgeschwächt und Anfang Mai in ›VMit‹ veröffentlicht.

Doch selbst diese Version sorgt weiter für Unruhe. Die Grünen sehen in einem solchen Verbot einen »krassen Widerspruch« zu Artikel 5 des Grundgesetzes, dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Die letzliche Version erlaubt es städtischen Bediensteten, »Parteien beizutreten, Veranstaltungen dieser und anderer Parteien zu besuchen und ggf. Funktionen in diesen (zugelassenen) Parteien zu bekleiden«, heißt es. Bei der politischen Betätigung seien aber Grenzen zu beachten, die sich aus den »dienstlichen Pflichten und der Stellung der Verwaltung ergeben«. Im Klartext: Die Politik solle nicht versuchen, die Verwaltung zu steuern. Umgekehrt: Der Verwaltungsangestellte solle sich nicht zum Vertreter seiner Partei bei seiner Verwaltungsarbeit machen.

Diese Trennung von »Amt« und »Person« führt in der Praxis immer wieder zu Schwierigkeiten, weil der Versuch der Einflußnahme nahe liegt. Die gültige Mitteilung markiert die Grenze mit dem Begriff der »Regelmäßigkeit«. »Entscheidend ist vielmehr, dass durch die Regelmäßigkeit deutlich wird, dass die Teilnahme dann über ein allgemeines politisches Interesse hinausgeht«. Ob das Kriterium der Regelmäßigkeit allerdings das einzige und geeigneste ist, um eine Grenze zu ziehen, kann bezweifelt werden.

»Nach dem untauglichen Versuch, Mitarbeiter zu Steuerspitzeln zu machen, fordert der Oberbürgermeister nun zum politischen Duckmäusertum auf«, erklärt Klaus Rees, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen. Vor Wochen kursierte in der Verwaltung ein Schreiben, das Verwaltungsmitarbeiter aufforderte, in ihrer Freizeit vergütet die Einhaltung von Auflagen in Freizeiteinrichtungen zu beobachten. Die Grünen fordern David auf, den »Maulkorb-Erlass unverzüglich aus der Welt zu schaffen«.