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Sorgen um den Staatshaushalt (Teil 2)



Bienefelds Skepsis bezüglich der Gebührenresistenz von Rot-Grün ist verständlich, wenn man einen Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen von 2002 betrachtet: Da hatte die Parteibasis Langzeitstudiengebühren noch rigoros abgelehnt, einige Monate später beschloss das Kabinett mit den Stimmen der Minister von Bündnis 90/Die Grünen die Gebühren, die allein in Bielefeld zur Exmatrikulation von etwa 2000 Studierenden führte.

Die Vollversammlung widmete sich aber vor allem den Plänen von CDU und FDP. Die Parteien möchten »nachlaufende« Gebühren einführen, nach einem Studium hätten Akademiker Schulden von mehreren tausend Euro. Ob sie Gebühren erheben, soll nach dem Willen der Opposition den Hochschulen überlassen werden, die Einnahmen sollten dann bei ihnen verblieben. Das verspricht auch die CSU den bayrischen Universitäten, hat aber schon vor der Gebührenerhebung den Wissenschaftsetat gekürzt.

Der Unterschied zwischen den Plänen der nordrhein-westfälischen Christdemokraten und der Liberalen ist, dass die CDU eine Obergrenze festlegen, während die FDP auch die den Hochschulen überlassen will. So seien auch unterschiedlich hohe Gebühren für unterschiedliche Studiengänge möglich, erläuterte Stefan Bienefeld. Nach Vorstellung der Liberalen sollen die Hochschulen auch ein Stipendien- und Darlehenssystem organisieren, das für sie Voraussetzung für die Gebühreneinführung ist. Bienefeld ist skeptisch, dass die Universitäten das leisten können: »Das kann an der Technischen Hochschule in Aachen funktionieren, bei einem Philosophiestudium wird es wohl schwieriger die Wirtschaft zu gewinnen«, vermutet der Studierendenvertreter.

Nach seinen Ausführungen sorgten sich die Studierenden erst einmal um den Staatshaushalt, und überlegten, wie die Haushaltslücke geschlossen werden könnte. Einer schlug vor, die Vermögenssteuer zu erhöhen. Ein anderer erklärte ihm, dass die von Rot-Grün abgeschafft wurde. »Das kostete in vier Jahren 60 Milliarden Euro«, rechnete er seinen Kommilitonen vor und forderte die Wiedereinführung der Steuer, eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes und der Gewerbesteuer. »Wenn wir etwas gegen Studiengebühren machen wollen, müssen wir da ansetzen«, befand er.

Anderen Teilnehmer der Vollversammlung war diese Diskussion zu theoretisch. »Ich bin dafür, dass wir uns über studentische Protestformen Gedanken machen«, wollte einer vor allem den Widerstand gegen die Gebühren planen. Eine Studentin sieht deren Einführung als beschlossen an, und forderte schon mal die Planung der Zahlungsverweigerung. Auch ein Kommilitone glaubt nicht dass die Gebühren verhindert werden können: »Die Frage, wann sie kommen ist nicht so wichtig«, meinte er, wichtiger sei es die »Gebührenspirale« zu verhindern. »Bei den geplanten 500 Euro wird es nicht bleiben«, erwartet er.

Die Planungen für Proteste laufen trotz der resignativen Stimmung in der Studierendenschaft, über die sinnvollste Form wurde auf der Vollversammlung noch gestritten. Eine für den 21. Mai geplante Demonstration in Düsseldorf macht nicht für alle Studierenden Sinn, die sich an der Diskussion beteiligten. »Das bringt doch nichts, wenn da dreißig Studierende aus Bielefeld hinfahren«, befand ein Redner. Er plädierte dafür »erst mal das Heimspiel zu gewinnen«, sprich die Bielefelder Studierenden zu informieren und Proteste vor Ort zu organisieren.

Das will ein Bielefelder Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS). »Wir sind ein Bündnis von Menschen, denen es nicht reicht eine Vollversammlung und dann vielleicht eine Spontandemo wie vor zwei Monaten zu machen«, erklärte ABS-Mitglied Ingo Bowitz, zugleich AStA-Vorsitzender. Man müsse die Proteste aus den Hochschulen hinaustragen, so seine Strategie. Das möchte auch das landesweite ABS, ein Infomobil soll Hochschulen und auch Wahlkampfveranstaltungen aufsuchen.