Webwecker Bielefeld: Dolmetsch 2

Die Dolmetscherin (Forts.)



Doch, das macht was. Die erste Hälfte dieser Geschichte zieht sich wie Kaugummi, und mit einer Gesamtlänge von 128 Minuten liegt man hier dann doch voll im modernen Trend, möglichst zwei Stunden vollzukriegen, statt der früher mal üblichen anderthalb. - Andererseits braucht man die »Längen« hier ja vielleicht? Denn die globalisierte Politik in allen ihren Verworrenheiten, persönliche Schicksale mit ihren individuellen Verwerfungen, die Verwobenheiten der einen mit den anderen - das erzählt sich eben nicht eben mal so, wenn dabei ein echtes Bild entstehen soll.


Dann erzähle man aber bitte auch nur die Hintergrundgeschichten, die auch wirklich nötig sind! Die des Geheimagenten z.B. ist komplett überflüssig, seine gescheiterte Ehe, sein Lieblingswhisk(e)y und seine Liebe zur Country-Musik interessieren hier keine Sau. Und schon könnte man gute 20 oder so Minuten Film einsparen und sich einfach nur diszipliniert an die Entwicklung der Story halten.


Dieser Film trägt außerdem eine ziemlich schwere Hypothek mit sich rum. Pollack muss sich nach sechs Jahren Regieabstinenz nicht nur an seinen eigenen früheren Filmen (»Tootsie«, »Jenseits von Afrika«), besonders Thrillern aus seiner Regie (»Die Firma«, »Die drei Tage des Condor«) messen lassen, sondern allein wegen des UN-Bezugs auch noch an Hitchcock. (Den Pollack übrigens öfter mal zitiert, auch eine bedrohliche »Duschszene« gibt es, die sehr ordentlich gelungen ist.) Die Messlatte liegt also hoch.


Aber so richtig schafft ers nicht, diese Hypothek einzulösen oder diese Latte zu überspringen. Auch mit Mühe kaum. Selbst wenn man diesen filmhistorischen Kram weglässt, wie ja schon mal vorgeschlagen, geht dieser Film so gut wie gar nicht.


Der Schnitt zum Beispiel ist manchmal doch sehr nachlässig. Oder wars in dem Fall die Regie, die nicht alle Einzelheiten im Griff hatte? Frau Kidman hängen ihre blonden Strähnchen in jedem Schnitt/Gegenschnitt anders ins Gesicht, sie hat in jedem neuen Bild beinahe eine neue Frisur. Gut, dass sie nicht auch noch raucht, die jeweilige Kippenlänge und etwaiger Qualm hätten in diesem Punkt wohl echte Katastrophen erzeugt.


Aber es gibt ja Unterstützung. Zunächst und vor allem das Spiel von eben Nicole Kidman, die hier allein mit einem Fältchenwurf an ihrer süßen Stupsnase mehr Ausdruck und Gefühl rüberbringt als andere Leute mit ihrem ganzen Gesicht. Der Kontrast dieses Riechorgänchens (auch ohne Fältchen) zu dem dicken Gesichtserker von Sean Penn ist auch einigermaßen sehenswert. Und wenn sie zwischendurch mal weinen muss, das macht ihr so schnell keine nach! – Allerdings hat das mit dem Film und seiner Geschichte nicht viel zu tun, sondern vor allem mit ihren schauspielerischen Qualitäten.


Sean Penn als verantwortlicher Geheimagent gibt sich wieder redliche Mühe, wie Al Pacino dazustehen (obwohl:eigentlich sitzt er mehr, jedenfalls fast immer dann, wenn er mit der ca. 10 oder so cm größeren Nicole Kidman zusammen in der Szene ist), und macht dabei auch eine nahezu ansehnliche Figur.


Insgesamt wird dieses Projekt seinen eigenen (und etwaigen fremden) Ansprüchen aber nicht recht gerecht. Zu viel, zu langsam, zu wenig zuende gedacht. In diesem Stoff hätte so viel Sprengkraft gesteckt. Etwa in einem Satz des politischen Gegenspielers (der in Brooklyn politisches Asyl genießt, diese Nebenbeibemerkung muß man sich auch erstmal so recht auf der Zunge zergehen lassen) jenes gefährdeten Despoten: »Es gibt keine Nationen mehr, nur noch Unternehmen!«, sagt er. Wobei er sich als neuer Hoffnungsträger für das gebeutelte Land darstellen will, sich aber durch solche Äußerungen auch nur als Handlanger irgendwelcher Wirtschaftsinteressen entpuppt, bevor er bei einem Sprengstoffanschlag mitten in New York umkommt...


Einige wirklich überraschende und spannende Dinge gibts ja, durchaus! Aber so im allgemeinen: Nee, Sydney, das haste versemmelt.