Die Redaktion durfte den Neu-Bielefelder durch die ganze Stadt schicken, um Fotos für die neue Ausgabe des WebWecker Journals zu machen. Und wenn er nicht schummelt, hat es ihm sogar Spaß gemacht. Hier stellt sich der Mann hinter den Bildern vor.Von Huib RuttenWenn ich siebzig bin, schnappe ich mir meine Kamera und ziehe durch die USA, um Brücken zu fotografieren. Architektur fesselt mich. Ich liebe es, stundenlang um ein spannendes Bauwerk zu streifen, bis ich genau das fokussiert habe, was seinen besonderen Reiz ausmacht. Und das Schönste: Architektur hält still und wartet, bis ich sie im Kasten habe.
Ansonsten bin ich als Fotograf ziemlich beweglich. Die Bandbreite meiner Arbeit reicht von Studio-, Reportage-, Theater-, Architektur-, Technik-, Portrait- und Produktfotografie bis hin zur Werbefotografie. Ich habe in Geschäftsetagen Gruppenfotos inszeniert, bin in den Pyrenäen herumgeklettert, habe Musiker in Ekstase erwischt und Motoröldosen im Studio zu ästhetischem Glanz verholfen. Das mag groß klingen, aber Flexibilität ist für einen freischaffenden Fotografen heutzutage ziemlich wichtig.
Nachdem ich 1988 mein Fachdiplom in Fotografie in Apeldoorn / NL erhalten hatte, machte ich mich sofort selbstständig. Ich hatte schon während des Studiums in einem Fotostudio gearbeitet und zuletzt als Fotoassistent genug praktische Erfahrung für diesen Schritt gesammelt. Insgesamt blicke ich also auf siebzehn Jahre Berufserfahrung zurück und stelle doch fest, dass ich einen dieser tückischen Berufe gewählt habe, in denen das Lernen nie aufhört. So versuche ich, mir immer mal wieder einen neuen Blick auf die Welt zu erschließen. Auch die Bildsprache folgt den Trends der Zeit. Würde ich Mode heute noch so fotografieren, wie ich es in den 80-ern in Apeldoorn lernte, würde mich die Branche wahrscheinlich auslachen oder als Retro-Trendsetter anhimmeln, man weiß ja nie.
Auch technische Entwicklungen bieten neue Herausforderungen, die ich übrigens gern annehme. Es freut mich, dass die heutigen automatischen und digitalen Kameras vielen Menschen den Zugang zur Fotografie erleichtert haben. Allerdings sehe ich in dieser Entwicklung auch Nachteile. Wenn jeder halbwegs brauchbare Bilder produzieren kann, hält sich jeder schnell für einen Experten. Skurrilerweise führt das nicht unbedingt zu besseren Bildern, wie sich besonders im Internet beobachten lässt.
Ein gutes Foto bleibt aufs Wesentliche konzentriert. Ein guter Fotograf hat gelernt, den klarsten Blickwinkel zu finden. Wie jeder Anfänger hat er irgendwann mit störenden Details gekämpft, sich über eine Steckdose geärgert, die wie von Wunderhand gezeichnet hinter seinem Motiv aufgetaucht ist oder sich über die vertrockneten Blumen gewundert, die doch gar nicht auf dem Tisch standen, als er in den Sucher guckte. Aber irgendwann hat er zu seiner persönlichen Bildsprache gefunden. Und wenn er sich Zeit zum Nachdenken genommen oder auch einfach Glück gehabt hat, kann die Kraft seiner Bilder unwiderstehlich und unverwechselbar sein.
Auch eine Zeitung folgt einem Bildkonzept, an dem man sie wiedererkennt. Diese Ausgabe des Journals ist von meinen Ideen geprägt und ich hoffe, dass ich getroffen habe, was die WebWecker Redaktion mit ihren Texten rüberbringen möchte. Übrigens: Es hat Spaß gemacht. Hier wird nicht geschummelt.
Info: Mehr Bilder von Huib Rutten sind auf der Website www.rutten-fotografie.de zu sehen. Wer bei ihm fotografieren lernen, sich an Portrait-Aufnahmen wagen oder auch holländisch lernen möchte, kann an der Bielefelder Volkshochschule einen Kurs bei ihm buchen: www.vhs-bielefeld.de zurück zum Menü