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Bielefelder Bachelor-Bilanz (Teil 2)



In Summe ist die Akkreditierung auch teuer. 120.000 Euro zahlt die Universität Bielefeld an die Agentur, da sie einen Paketpreis ausgehandelt hat. Ansonsten würde jeder der 26 Bachelor- und 30 Masterstudiengänge zehn- bis zwanzigtausend Euro kosten. Mit den Kosten für die Vorbereitung der Unterlagen belaufen sich die »Realkosten« für die Universität laut Sagerer trotz des Mengenrabatts auf etwa eine Million Euro. Gegenüber der Regulierung durch das Ministerium sei jetzt der Unterschied, dass nicht Ministerialbeamte, sondern Wissenschaftler mit am Tisch sitzen. Was nach einem Vorteil aussieht, entpuppt sich in der Realität aber immer wieder als Problem. »Wissenschaftler sind eitel«, erklärt Gerhard Sagerer. »Die sagen dann, meinen Schwerpunkt gibt es in dem Studiengang nicht, das kann nicht sein«, beschreibt Sagerer seine Erfahrungen.

Als Liberaler passt Ulrike Flach das Verfahren naturgemäß nicht. »Die Akkreditierung ist überreguliert«, findet sie. Die FDP wolle insgesamt mehr Autonomie der Hochschulen, am liebsten hätte sie die im Grundgesetz verankert. »Es hat für uns höchste Priorität, dass die Hochschulen autonom agieren«, stellt sie fest. Bei der Akkreditierung von Studiengängen sei das liberale Modell, dass die Hochschulen das selbst machen. »Das war auch unsere Grundlage als Frau Behler noch Ministerin war«, sagt dazu Dieter Timmermann.


Reflex zur Klausur

Insgesamt bewerten sowohl die Universität als auch Ulrike Flach den Modellversuch in Bielefeld positiv. »Wir haben ein neues Studierverhalten«, freut sich Gerhard Sagerer darüber, dass die Studierenden Seminare jetzt auch am Ende des Semesters besuchen. Denn in den Bachelorstudiengängen besteht Präsenzpflicht. Mit Anwesenheitslisten schießen manche Dozenten nach Ansicht des Prorektors allerdings über das Ziel ebenso hinaus wie manche Fächer mit der Vielzahl von Klausuren. »Es ist der Reflex zur Klausur da«, so der Prorektor.

Die Präsenzpflicht bringt aber auch Probleme mit sich, nämlich proppevolle Seminarräume. »Aus der Falle kommen wir nicht heraus, so lange wir keinen besseren Betreuungsschlüssel kriegen«, erklärt Gerhard Sagerer. Zu viele Studierende kommen hierzulande auf einen Dozenten. In Bielefeld stehen 773 Wissenschaftler 17.000 Studierenden gegenüber, die Zahl der Studierenden steig in den vergangenen dreißig Jahren um 6000, die der Wissenschaftler stagnierte. »Das ist der wesentliche Grund, warum die deutsche Hochschullandschaft zerstört wurde«, beklagt Hartmut Krauß, Dezernent für Planung. Gerhard Sagerer hält angesichts der Zahlen die Forderung für unrealistisch, dass sich deutsche Hochschulen mit amerikanischen Spitzenunis wie Stanford messen sollen. An den US-Spitzenunis betreut ein Dozent nicht einmal zehn Studierende. Was die finanzielle Ausstattung betrifft, spielen deutsche und US-Unis für Sagerer »in verschiedenen Ligen«. Tatsächlich hat Stanford ein Budget von 2 Milliarden Euro, Bielefeld stehen bei einer ähnlichen Studierendenzahl 138 Millionen jährlich zur Verfügung.

Auch für die Forschung wünscht sich die Universität Bielefeld mehr Geld. Allerdings werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) nur fünfzehn bis zwanzig Prozent der beantragten Projekte und Sonderforschungsbereiche bewilligt. »Das ist nicht mehr entscheidbar, das ist mehr wie würfeln«, kritisiert Rektor Dieter Timmermann die niedrige Quote.

Nach den Vorstellungen von Ulrike Flach könnten Studiengebühren den Hochschulen mehr Geld bringen. Vorraussetzung für deren Einführung sei jedoch ein Stipendien- und Darlehensmodell. Die Bundestagsabgeordnete weiß aber auch, dass es das noch nicht gibt. »Ich sehe nirgendwo ein Modell, das den Kritikern den Wind aus den Segeln nimmt. Im Grunde ist das ein Trauerspiel«, findet Flach. Dass Bundesländer sich noch nicht für ein Stipendienmodell entscheiden hätten, aber dennoch die Einführung von Studiengebühren angekündigt haben, sei ein Skandal.