In vielen Städten demonstrierten am Dienstag und Mittwoch Friedensbewegte gegen den Deutschlandbesuch von George W. Bush. Auch in Bielefeld versammelten sich am Dienstagabend einige Dutzend Menschen um dem US-Präsidenten mitzuteilen, dass er nicht willkommen sei.Von Mario A. SarclettiKurz nach halb sechs standen am Dienstagabend etwa vierzig Menschen frierend auf dem Jahnplatz. »You are not welcome Mr. Bush«, war auf einem Transparent zu lesen, »Bullshit« auf einem anderen. Viele Teilnehmer pfiffen mit Trillerpfeifen auf den US-Präsidenten. Auch zwei Regenbogen-Fahnen mit Pace-Aufschrift flattern im eisigen Wind. Vor zwei Jahren, auf dem Höhepunkt der Proteste gegen den Irak-Krieg waren die Fahnen richtig in Mode, angesichts der kleinen Gruppe auf dem Jahnplatz eine Erinnerung aus einer anderen Welt.
Kurz vor sechs verdoppelte sich dann aber die Zahl der Demonstranten, ein Bus bringt Verstärkung aus Bad Oeynhausen. Vornehmlich junge Menschen entsteigen ihm für kurze Zeit, bevor er gen Mainz aufbricht um die Ostwestfalen gegen Bush nach Mainz zu bringen. Dort wollen sie an der Großdemonstration gegen den US-Präsidenten und seine Außenpolitik teilnehmen.
Dort werden sie auch eine Rede von Angelika Claußen hören. Die Bielefelderin ist stellvertretende Vorsitzende der deutschen Sektion der »Internationalen ärztlichen Vereinigung zur Verhütung des Atomkriegs«. Barbara Schmidt vom Friedensnetzwerk verliest die Rede Claußens auf dem Jahnplatz. In der stellt die Ärztin die Frage nach den Triebkräften für die Aufrüstung der USA und ihrer kriegerischen Außenpolitik.
Eine Antwort findet sie bei Thomas Friedman, einem ehemaligen Assistenten der Ex-Außenministerin der USA. »Damit die Globalisierung funktioniert, dürfen die Vereinigten Staaten nicht zögern, als die Weltmacht zu agieren, die sie sind. Die unsichtbare Hand des Marktes funktioniert nicht ohne die unsichtbare Faust«, zitiert Claußen Friedman in ihrer Rede.
In der fordert sie die vollständige Abschaffung der Atomwaffen und verweist darauf, dass auch in der Bundesrepublik immer noch 150 davon lagern. »Über die nukleare Teilhabe der NATO ist die Bundesrepublik an der technischen und politischen Planung sowie an der Realisierung eines Atomkriegs beteiligt«, erklärt Claußen und fordert die Beendigung dieser Teilhabe, wie dies der NATO-Staat Kanada vollzogen habe.
Eine weitere Forderung Claußens an die deutsche Politik ist der nach dem Stopp für das MEADS-Projekt, einem Flugabwehrsystem, über das zur Zeit der Bundestag berät. Bis zu 13 Milliarden Euro soll das nach Angaben Claußens kosten. »Wie können Sie, liebe Volksvertreter, diese Milliardenspritze für die Rüstungsindustrie empfehlen und gleichzeitig mit der Hartz IV-Gesetzgebung Hunderttausende von Arbeitslosen in die Armut schicken«, fragt sie die Bundestagsabgeordneten.
Als der Bus nach Mainz gegen 18.15 Uhr aufbricht, sind die frierenden Demonstranten auf dem Jahnplatz erleichtert. Endlich können sie sich aufwärmen gehen.