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Nur noch qualmende Köpfe (16.02.2005)






Fünf- bis siebenmal durchlaufen richtige Raucher den Entwöhnungskreislauf, erst dann gelingt der dauerhafte Durchbruch. Immer wieder nehmen sie sich vor, mit dem Rauchen aufzuhören. Dies gelingt dann meist auch eine Zeit, bis die nächste Suchtperiode kommt





Rauchen, bis der Arzt kommt. Das war einmal, geht es nach dem Willen vieler politischen AkteurInnen in Europa. Die ziehen jetzt auch in Deutschland die Nichtraucherschraube an, wenn auch dezent im Vergleich zu anderen Ländern. Ab dem kommenden Schuljahr ist es vorbei mit dem Rauchen an Schulen.


Von Manfred Horn

Ab dem kommenden Schuljahr ist Rauchen in Schulen in NRW untersagt. Dies gilt für SchülerInnen und für LehrerInnen gleichermaßen. »Wir begrüßen das neue Gesetz, es stand schon lange aus«, sagt Ursula Castrup von der Bielefelder Fachstelle für Suchtvorbeugung. Die Fachstelle ist Teil der Drogenberatung und kümmert sich vor allem um Suchtberatung, sie hat ein eigenes Konzept zur Suchtvorbeugung aufgestellt.

Ute Schäfer, Schulministerin in NRW, sieht mit dem neuen Gesetz die Aspekte der Prävention und Vorbildfunktion in den Vordergrund gestellt. Kinder sollen erst gar nicht zum Rauchen verleitet werden, Lehrer sollen ihre Verantwortung für die SchülerInnen auch im gesundheitlichen Bereich erfüllen. Das neue Gesetz hat jedoch einen Knackpunkt: In dem neuen Schulgesetz steht »Über Ausnahmen entscheidet die Schulkonferenz«. »Das hat in erster Linie etwas mit der Idee einer eigenverantwortlichen Schule zu tun«, erklärt Schäfer dazu. »Die Ausnahmeregelungen sind daneben«, findet hingegen Ulrich Möller von der Bielefelder Fachstelle für Suchtvorbeugung. Damit werde ein Schlupfloch aufgemacht. Zwar ist eine entsprechende Entscheidung der Schulkonferenz nicht so einfach herzustellen. Immerhin sitzen dort neben einem Drittel LehrerInnen zu einem Drittel SchülerInnen und Eltern. Doch ob die widersprechen, wenn der Direktor die Einrichtung eines Raucherzimmers für das liebe Lehrpersonal vorschlägt, sei einmal dahingestellt.


Sanktionen bringen nichts

Keine Frage, viele LehrerInnen rauchen seit Jahrzehnten. Von ihnen zu verlangen, fortan nicht mehr in der Schule zu rauchen, ist hart. Zumal sich die Schulzeiten immer weiter ausdehnen. Ein süchtiger Raucher wird kaum acht Stunden ohne Kippe durchhalten. »Die Lehrer brauchen hier Unterstützung«, sagt Möller. Sanktionen seien der falsche Weg. »So etwas lässt sich nicht per Erlass regeln«, vielmehr sei eine »transparente Diskussion« in der Schule nötig. Man müsse die rauchenden LehrerInnen ernst nehmen. Das Schulgesetz sieht in NRW keine Strafen vor, im Gegensatz zum Bundesland Hessen, wo der Schulverweis und ein Disziplinarverfahren droht. In Hessen ist das Rauchen an Schulen seit dem 1. Januar untersagt, in 2004 hatten bereits Berlin und Niedersachsen entsprechende Gesetze verabschiedet. Wahrscheinlich, dass weitere Bundesländer folgen werden. Auch Bayern hat noch für dieses Jahr ein neues Schulgesetz angekündigt.

Überhaupt sei das ganze ein Prozess, fügt Möller an. Wohl kaum werden alle rauchenden LehrerInnen zum Schuljahresbeginn am 22. August von ihrem Tun lassen können. Wahrscheinlicher, dass sie sich in den Keller, die Hausmeisterwohnung oder auf die Straße verkrümmeln. Aber der Anfang ist gemacht. Denn sehr viele SchülerInnen greifen zur Zigarette. Zwar ist ihre Zahl in jüngster Zeit wieder etwas rückläufig – saftige Preiserhöhungen und Warnhinweise auf den Packungen mögen ihre Wirkung entfaltet haben – aber immer noch rauchen rund ein Drittel der 12 bis 25-Jährigen. Bei den Jugendlichen ist der Tabakkonsum in den vergangenen drei Jahren von 37 auf 35 Prozent gesunken, wobei GelegenheitsraucherInnen mit eingerechnet sind.