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Kleider machen Leute (Teil 2)



Die Themen der Zeit: Der Bau und die Eröffnung der Stadthalle, damals stark umstritten und von einer Protestbewegung begleitet, die das Großprojekt verhindern wollte. Auch das Sieker Loch tat sich damals in seinen Anfängen auf. Es war weiter die Stadtumgestaltung, die für viel Unruhe in der Stadt sorgte. Aber auch damals schon liefen die ersten Sparrunden, so wurden bereits im Haushalt 1992/1993 erste Kürzungen im Sozialbereich beschlossen, was die grüne Opposition zu verhindern versuchte.


U-Bahn bauen zusammen mit der SPD

1994 war es dann soweit: Die Grünen erhielten 12,5 Prozent bei der Kommunalwahl, erhielten acht Sitze und gingen mit der SPD eine Koalition ein. Die Folge: Erstmals gab es einen türkeistämmigen Bürgermeister, Wolfgang Du Bois wurde Umweltdezernent. Die Kunsthalle wurde in den folgenden Jahren bis 1999 umbenannt, sie trägt seitdem nicht mehr den Zusatz ›Richard Kaselowsky‹, weil der ehemalige Oetker-Chef offensichtlich in den Nationalsozialismus involviert war. Die Unilinie wurde gebaut, eine neue Einrichtung für Drogenabhängige eröffnet. Mit der rot-grünen Zusammenarbeit war es dann kurz vor der nächsten Kommunalwahl 1999 vorbei. Die Wahl gewann dann auch die CDU, Eberhard David wurde, wie bereits von 1989 bis 1994, Oberbürgermeister. Die Grünen waren zurück in der Opposition. Ein Zustand, der sich bei den Wahlen 2004 wieder änderte: Im Rat herrscht gegenwärtig eine offene Situation, da klare Mehrheiten fehlen. Aber zusammen mit der SPD und einer der kleineren Parteien wie Bürgernähe, PDS oder BfB können die Grünen wieder Mehrheiten herstellen.






Für zehn Minuten am grünen Pult: Oberbürgermeister Eberhard David



»Bitte sagen Sie jetzt nichts!«

Heute sind die Grünen etabliert. Bei der Festveranstaltung im Alten Rathaus wurde denn auch Oberbürgermeister Eberhard David geladen, um auf der grünen Baustelle warme Worte zu sprechen. Bei allen Gegensätzen hätten die Grünen in den Auseinandersetzungen »nie die gebotene Fairness vermissen lassen«, erklärte David. Die grünen Themen von vor 25 Jahren, sie gehörten längst zu den anerkannten Themen der Gegenwart. Im politischen Alltag habe sich die damals noch neue Partei unbequem, kompromisslos und »immer bis zur Schmerzgrenze« engagiert. »Bei mancher Wortmeldung im Rat habe ich als Vorsitzender manchmal, frei nach Loriot, gedacht: ›Bitte sagen Sie jetzt nichts«.

Die Grünen seien erwachsen geworden »manche behaupten sogar etwas gesetzt«, hätte trotz Rotation und ausgeprägter Streitkultur zumindest in den ersten Jahren politisch überlebt. David ging auch noch mal auf die rote Turnhose des ersten grünen Fraktionssprechers Krämer ein: Gespart werden musste auf kommunaler Ebene auch schon damals, im Jahr 1979, aber bitte nicht beim Beinkleid«. David konstatierte einen langen Marsch durch die Kleiderordnung, von den berühmten Turnschuhen des damaligen hessischen Umweltministers Fischer bis zu Armani: »Ein langer Lauf zu sich selbst«.

Die rund 300 BesucherInnen im Alten Rathaus jubelten dem Laudator David zu, der tapfer vom grün-alternativ geschmückten Rednerpult sprach. Ebenso willkommen mit einer analytischen Betrachtung von Wirtschaft und Umwelt und der Avantgarde-Funktion der Grünen war der Festredner Karl Fordermann vom Bielefelder ›Industrie- und Handelsclub‹. Ein Beleg dafür, wie interessant grüne Positionen inzwischen auch für die Wirtschaft sind.





Zeitreise: Was zog der Grüne vor 25 Jahren an? Rechts im Bild Michael Vesper, heute stellvertretender Ministerpräsident in NRW