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Barbara Honigmann, Ein Kapitel aus meinem Leben (Teil 2)



Kim Philby arbeitete für den sowjetischen Geheimdienst in England und flüchtete später nach Moskau. Für Litzy begann ihre Tätigkeit für die Sowjets in Wien, ganz konkret trat sie in London dann dem sowjetischen Geheimdienst bei. Als der Spanische Bürgerkrieg ausbrach ging Kim Philby nach Spanien, er arbeitete getarnt auf Seiten Francos, um Informationen an die Sowjets geben zu können. Litzy war seine Verbindungsagentin in Paris. 1939, nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kehrte sie nach England zurück, arbeitete weiter als Verbindungsagentin für die Sowjets. Letztlich verriet sie den Staat, der ihr Schutz vor der Verfolgung bot. Im Gespräch mit ihrer Tochter kann sich Litzy wie an so vieles andere nicht erinnern, wann genau die Scheidung von Philby war. „Ich bin von Kim, glaube ich , 1942 geschieden worden oder 1944 oder 45, aber vielleicht war es auch 1946. Ich weiß auch nicht mehr, in welchem Jahr wir uns zuletzt gesehen haben.“ „Aber Mutti, du musst dich doch erinnern können., wann deine Scheidung von Kim war!“ “Ich kann mich auch nicht mehr erinnern, wann die Scheidung von deinem Vater war.“ Klar ist, dass Litzy 1946 London verlässt und nach Berlin geht, in den Ostsektor. Kim Philbys Äußerungen, kurz vor seinem Tod berichtet er einem Reporter seine Version seiner Spionagetätigkeit, decken sich kaum mit den sparsamen Äußerungen von Litzy gegenüber der Öffentlichkeit oder auch ihrer Tochter.
„Wenn man die Versionen vergleicht, wird alles immer unklarer...Vielleicht lohnt es nicht mehr, sich genau zu erinnern, vielleicht hat einer von ihnen bewusst gelogen, oder beide haben die Vergangenheit in der Erinnerung umgestaltet. Vielleicht werden auch die größten Geheimdienstgeheimnisse am Ende so fad und so leer, dass es keinen Sinn mehr macht, sie genau im Gedächtnis zu behalten.“
Barbara Honigmann schildert mit viel Humor und deutlicher Zuneigung das, was sie von dem Leben ihrer Mutter erfahren hat, was diese ihr mitteilen wollte. Sie schreibt über die „beste Zeit“ die rauschhafte, spannende Zeit ihrer Mutter in Paris. Trotz Tätigkeit für den sowjetischen Geheimdienst genoss Litzy dort ein turbulentes Leben inmitten des Trubels von Partys, Mode und Gesellschaften. Doch auch Litzys andauernde Bewunderung für den Lebensstil der Briten kommt immer wieder zum Ausdruck. Barbara Honigmann beschreibt auch das Leben der Mutter mit Onkel Wiso, Liebhaber und Begleiter, der sie wegen einer Jüngeren verlässt, sicherlich eine schmerzhafte Episode. Das Leben in Berlin, die Beziehung zwischen ihren Eltern und letztlich die Rückkehr von Litzy ins alte Wien wird nicht ausgelassen. In dieser Hinsicht ist „Ein Kapitel aus meinem Leben“ nicht nur biographisch sondern auch autobiographisch, ein gelungenes Buch, das Interesse und Sympathie verdient. Ob nun alles Zusammengetragene ganz genau den Fakten entspricht, wen kümmert das schon, denn mit Sicherheit gibt es ein Leben jenseits davon. Oder wie Barbara Honigmann so schön sagt: „Sie hat mich geboren, und nun setzte ich sie wieder als Legende in die Welt. Kurz hinter der Wahrheit und dicht neben der Lüge, so wie es ihr Credo war.“ (rk)

Barbara Honigmann, Ein Kapitel aus meinem Leben, Hanser Verlag, 2004, 15,90 Euro
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