Webwecker Bielefeld: Wild Things

Wild Things



Von Harald Manninga

Sam Lombardo (Dennis Richards) ist Highschool-Lehrer in Blue Bay, Florida, und der Schwarm aller Mädchen an diesem Bildungsinstitut. Kelly VanRyan (Denise Richards), verwöhnte höhere Tochter aus der lokalen Prominenz, macht sich nicht nur sowieso bei seinem Anblick das Höschen, sondern auch anlässlich einer Benefiz-Veranstaltung der Schule zur Förderung der Nachbarschaftlichkeit das T-Shirt feucht, als sie Sam (gar nicht uneigennützig) das Auto wäscht. Sam lässt sich zwar gern das Auto waschen, aber als Kelly sehr eindeutig andeutet, dass sie ihm liebend gern außer dem Auto auch den Schniedel polieren würde, lässt er den Teenager abblitzen.


Kelly ist daraufhin sauer und behauptet, er hätte sie vergewaltigt. Sam wird verklagt. Und es taucht auch noch eine andere Schülerin auf, Suzie (Neve Campbell), die ähnliche Dinge behauptet. Suzie ihrerseits ist mehr so aus der Proll-Ecke, kann nix, hat nix, ihre Mutter hält sich mit einer schäbigen Kneipe und etwas Touristennepp über Wasser. Und Suzie ist schon vor längerem von der Schule geflogen, wegen Drogen und so was. Das macht die Anklage gegen Sam nur plausibler: Dieser Mann hat sich anscheinend an alle Schülerinnen rangemacht, die nicht bei »drei« auf den Bäumen waren!


Mehr noch: Mit der Mutter von Kelly, die ihrerseits alles Männliche mitnimmt, das grad am Wege rumliegt, hatte er auch schon was. Noch ein Grund mehr für diese Mutter, diesen Mann zu vernichten: Nicht nur, dass er ihre Tochter (angeblich?) missbraucht hat (oder verschmäht, was ist der Unterschied?), er hat ja auch die Affäre mit der Mutter beendet, und die ist es eben nicht gewohnt, dass die Welt ihr nicht zu Willen ist.


Was auch immer die »Wahrheit« sein mag: Sam Lombardo ist gebrandmarkt. Man lässt ihn nicht mehr in den Country-Club, die Auto-Lakaien parken ihm sein Auto nicht mehr, er ist gesellschaftlich erledigt, lange bevor irgendwas »bewiesen« ist.


Er sucht Hilfe beim einigermaßen abgehalfterten Anwalt Kenneth Bowden (wie immer köstlich, genial, unbeschreiblich: Bill Murray). Und der Prozess läuft auch ziemlich gut: Suzie bricht unter Bowdens Kreuzverhör zusammen, es war alles Lüge ..., und Sam wird freigesprochen.


Damit fängt die Verwicklung aber erst an: Sam, Kelly und Suzie stecken nämlich unter einer Decke, und das nicht nur im übertragenen Sinn. Man hat diese Geschichte gemeinsam eingefädelt, um Kellys Mutter irgendwelche Millionen an Entschädigung aus den Rippen zu leiern, die man dann gemeinsam in der Karibik verprassen kann. Das Geld hat man jetzt, aber damit ist die Frage der Loyalitäten noch nicht geklärt. Sind hier wirklich die drei, Sam-Kelly-Suzie, gemeinsam und zu gleichen Teilen beteiligt? Oder liebt Sam Kelly doch mehr als Suzie? Oder Suzie mehr als Kelly? Oder sich selbst mehr als beide zusammen? Oder sie einander mehr als ihn?


Außerdem sind da noch die Polizeibeamten und –innen: Wie glaubhaft ist Kellys Story von der Vergewaltigung? Wie glaubhaft ist Sams Verteidigung oder Suzies Zusammenbruch im Gericht? Wer verfolgt hier welche Interessen und zusammen mit wem?


Das ist alles äußerst verwickelt. Und nach und nach bekommt der Zuschauer immer neue Einblicke und wird immer wieder neu überrascht. Das Leben ist eben nicht einfach nur gradlinig, mehr als zwei sind eine Gruppe, und Menschen kann man nicht trauen, allein schon weil die Sache mit der Wahrheit wohl nie ganz eindeutig zu lösen ist.


Auch wenn man dieses »Prinzip« des Films mal durchschaut hat, wird man immer noch mal und noch mal und ... überrascht. Logischerweise vor allem gegen Ende. Das wirkt zwar einerseits immer wieder etwas lang: Hier könnte doch langsam mal Schluss sein ... Nein, eben doch nicht, es gibt immer wieder einen draufzusetzen. Bis dahin, dass der echte Hintergrund der ganzen Geschichte überhaupt erst in den Abspannbildern auftaucht.


Spannend bis über das Ende hinaus! Dolles Ding!