Herr Zhu
Von Harald ManningaHerr Zhu betreibt ein China-Restaurant in Wien. Das ist soweit erst mal nichts Besonderes, der China-Restaurants gibt es viele und das überall in Europa. Es gibt aber nur wenige, über die mal eine ausgesprochen gut und vor allem liebevoll gemachte Doku gedreht wurde.
Er hat die Zubereitung von Dim Sum bei chinesischen Meistern gelernt. Und diese Lehren hält er hoch: Kollegen haben ihm gesagt, er mache seine Häppchen zu klein, seine Methode koste zuviel Arbeit und Zeit. Aber Herr Zhu hat den Ehrgeiz, den Europäern die chinesische Küche so vorzuführen, wie sie ist und sein soll. 200 Gerichte kocht er am Tag in seiner Küche, die quasi nie stillsteht, denn sein Restaurant ist sieben Tage in der Woche geöffnet. Nur die Putzfrau hat einen Tag in der Woche frei. Herrn Zhus Tochter studiert Informatik und hilft in der Freizeit in der Küche aus. Das Restaurant mal übernehmen möchte sie nicht: Sie wünscht sich einen Beruf, bei dem man wenigstens am Wochenende frei hat.
Herr Zhu schnitzt auch Karotten zu Blumen und Rettiche zu Paradiesvögeln. Man fragt sich, woher er die Zeit nimmt, das auch noch zu machen. Er hat im Grunde keinerlei Kontakt zur Außenwelt und zu »anderen Menschen«, er steht in der Küche oder schläft.
Regisseurin Bettina Timm hat, wie man das bei Dokus eben so macht, die Kamera in die Gegend gehalten bzw. halten lassen (Kamera: Alexander Riedel) und das wirkliche Leben abgelichtet. Aber das kann man so und derart machen. Frau Timm macht es so, und das ist gut! In diesem Fall ist dabei ein sehr anrührendes Portrait über eine äußerst leidenschaftliche aber dabei ebenso leise und becheidene Persönlichkeit herausgekommen. So macht Doku auch dem Spielfilmbevorzuger Spaß!